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Mittwoch, 6. April 2016

Fahrbericht: Bergamont E-Mountainbike Roxtar C 8.0

Das Bergamont Roxtar C 8.0 ist in einem markanten Grünton lackiert
 Sie gehören zu den heißesten Trends in der Fahrradwelt: elektrische Mountainbikes. Selbst in der jüngeren Zielgruppe der Geländefahrer wird der einst verpönte E-Motor inzwischen nicht nur akzeptiert, sondern sorgt als Spaßturbo für eine stark wachsende Verbreitung der elektrifizierten Offroadbikes. Was ist dran an dem Hype? Wie fährt sich so ein E-MTB? Das wollte ich herausfinden und habe dafür das Bergamont Roxstar C 8.0 über Trails, Waldautobahnen, Schotterpisten und asphaltierte Radwege gescheucht. Die Erkenntnisse sind mehrschichtig und weitgehend positiv.
Eigentlich gehöre ich ja zu den Puristen, finde E-Unterstützung beim Fahrrad irgendwie feige, manchmal sogar peinlich. Renn- und Mountainbikes sind für mich reine Sportgeräte, an denen Schutzbleche, Gepäckträger nur in Ausnahmefällen was zu suchen haben. Und nun das: Ein leuchtend grünes 27,5-MTB mit Elektromotor und Akku am Unterrohr steht vor mir. Ein Hardtail mit Bosch-Mittelmotor und zehn Gängen. Werde ich alt und bequem? Ja, ganz sicher. Mit dem Alter wächst die Akzeptanz für Elektro-Fahrräder. Doch Hauptmotiv für diesen Test sind meine Wissenslücken: Wie fährt so ein E-MTB? Wieviel Spaß macht es im Gelände? Und auf der Straße?
Auf festem Untergrund ist kaum E-Unterstützung notwendig      Foto: Jonas Kurz

Das Handling ist einfach: Akku in der Wohnung an der Steckdose aufladen, dann am Unterrohr einklicken und das Bike mit dem Einschaltknopf am Display starten. Fünf Fahrmodi stehen zur Wahl: Eco, Tour, Sport und Turbo. Und off, also Fahren ohne E-Unterstützung.

Wer will, kann also auch ganz puristisch und ehrlich mit reiner Muskelkraft unterwegs sein. Das ist ganz praktisch wenn der Akku leer ist; man kommt immer nach Hause. Reichweitenangst gibt es nicht. Allerdings ist das Bergamont wie alle Pedelec kein Leichtgewicht. Rund 21 Kilo reine Fahrradmasse gilt es in Schwung zu bringen oder zu halten. Ohne Motorassistenz ist das spürbar anstrengender als mit einem MTB ohne Hilfsantrieb
Der Bosch-Mittelmotor ist sauber integriert
Also Unterstützung auf Eco gestellt und los. Zehn Kilometer rolle ich auf Asphalt und festen Schotterwegen in die Harburger Berge. Der Motor surrt beim gleichmässigen Tritt kaum hörbar. Flott bin ich unterwegs, immer so zwischen 20 und 25 km/h. Schalte ich versuchsweise die Unterstützung aus, spüre ich sofort wie die Fahrwiederstände grösser werden. Nicht dramatisch, aber bereits im Flachen und in Stufe Eco hilft der Motor angenehm beim Vortrieb.

Das Alu-E-MTB kommt in der trendigen 650 B-Reifengröße       Foto: Jonas Kurz
Dann wird es ernst. Es geht in den Wald, der Boden wird schwerer. Es hat viel geregnet. Auf den Waldpisten haben sich stellenweise tiefe, matschige Stellen gebildet. Dass MTB einigermassen sauber durch die Testfahrt zu bringen kann ich vergessen. Das wird eine Matsch- und Schlammschlacht heute. Die ersten Steigungen erklimme ich trotz meines untrainierten Zustands völlig problemlos. Aber die machen mir auch auf meinem Crosser und Fatbike keine echten Schwierigkeiten. Die fiesen Rampen kommen erst noch.

Aber schon jetzt zeichnet sich ab, dass auch mit E-Motor im Gelände einiges an Fahrkönnen erforderlich ist. An steilen, rutschien Passagen vielleicht sogar mehr als ohne Motorhilfe. Denn das zusätzliche Fremddrehmoment verursacht auf glattem Untergrund mehr Traktionsverluste als mit reiner Muskelkraft. Die Dosierung der Kraft, die auf den Hinterreifen wirkt, erscheint mir etwas schwieriger als bei einem puren MTB. Denn bergauf habe ich immer wieder mit dem durchrutschenden Hinterrad zu kämpfen. Zum Glück wird es nie so schlimm, dass ich vom Rad müsste, doch Schlupf ist natürlich ein jedes Mal ein leichter Vortriebsverlust.

Dann die erste echte Rampe, vielleicht 17 oder sogar 20 Prozent steil. Bei den heutigen Bedingung wäre ich chancenlos mit einem normalen MTB. Und auch im Eco-Modus. Also drücke ich mit dem Daumen rasch zwei Mal auf Plus am Wippschalter. Der sitzt auf rechten Lenkerseite und steuert die Antriebselektronik. Im Display steht jetzt Sport und der Bosch-Mittelmotor gibt nun mit jedem Tritt deutlich mehr Power ab. Ich bin zwar nicht schnell, aber komme mit dem E-Rad die Steigung souverän nach oben. Genau diese Eigenschaft ist es, die ein Elektro-MTB ausmacht. E-Unterstützung macht besonders an Bergen und auf schwerem Boden Sinn; am meisten natürlich, wenn beides zusammen kommt.

Das ist hier der Fall und das Bergamont überzeugt mich für diese Art Einsatz. Mich wundert es nicht, dass E-MTB ein Boomsegment sind. Besonders wenn man wie ich unter mangelndem Training leidet, liefert das Rad viel Fahrfreude. Auch Federweg, Wendigkeit und Bergab-Performance sind gut. Allerdings muss man sich auch hier an das Fahrverhalten erst gewöhnen. In engen Kurven und groben Fahrbahnunebenheiten wirkt das Bike stets etwas träge.
Luft-Federgabel mit Remote-Lockout

Man spürt das Gewicht; vor allem das ungefederte Heck wirkt irgendwie steif, manchmal bockig und unkomfortabel. Vorn ist es okay, da die Federgabel über einen Lockout-Schalter je nach Fahrsituation angepasst werden kann. Sprünge wie ein Bunny Hop oder spektakuläre Fahrmanöver sind mit dem Elektro-Mountainbike deutlich schwieriger bis unmöglich durchzuführen - zuminst für normal begabte Biker wie mich. Kurzum: Für rasante Abfahrten würde ich ein leichtes Normal-MTB bevorzugen.

Pause am höchsten Gipfel Hamburgs: Hasselbrack in den Harburger Bergen
Doch für die heutige Tour ist das Bergamont genau das richtige Wald-Werkzeug. Nach einigem Suchen und Orientieren erreiche ich mein Tagesziel: das so genannte Hasselbrack in den Harburger Bergen. Das ist der höchste Punkt Hamburgs, genauer: der höchste Gipfel. Ein Schlaumeier hat den Markierungsstein entsprechend verbessert und das Wort Punkt durch Gipfel ersetzt. Der Heinrich Hertz-Turm, also der Hamburger Telemichel, ist mit 279 Meter deutlich höher als das 116 Meter hohe Hasselbrack. Muss ja alles seine Ordnung haben. Auch der Michel ist mit 132 Metern einen Tick höher und einige weitere Kirchtürme sicherlich auch.


Das Bergamont beeindruckt mit gutem Design und feiner Technik

Jetzt freue ich mich auf die Abfahrt. Zügig geht es zurück zum Ausgangspunkt. Die Singletrails erfordern viel Aufmerksamkeit, besonders wenn Matschbrocken aus dem Vorderrad in meine Augen fliegen und den Blick blockieren. Nach 50 Kilometer Gesamtstrecke bin ich wieder zu Hause. Gut 90 Prozent bin ich im Eco-Modus gefahren. 40 bis 215 Kilometer Reichweite verspricht der Hersteller. Letzter Wert scheint mir utopisch und in der Praxis nicht erreichbar. Wie auch immer: Meine Anfangsreichweite hat sich jedenfalls stark verringert, ja mehr als halbiert. Das liegt logischerweise am Fahrprofil. Im hochalpinen Gelände dürften selbst die 40 Kilometer Minimum nur erzielbar sein, wenn der Fahrer nicht zu viel E-Unterstützung abfordert.
Der abnehmbare Akku ist per Schloss gesichert


Klar, Berge lutschen reichlich Saft aus dem Akku. Das sollte man stets im Kopf behalten, wenn man mit einem E-MTB unterwegs ist. In der Stufe Turbo nimmt die verfügbare E-Restdistanz geradezu dramatisch ab. Wer immer mit voller Unterstüttzung unterwegs ist, wird nur sehr kurze Touren fahren können. Die sinnvollste Einstellung ist Eco oder Tour. Eco bedeutet übrigens, dass der Motor sich mit 50 Prozent an der Vortriebsarbeit beteiligt. Im Turbo-Modus sind es satte 300 Prozent, also der Antrieb das dreiffache Drehmoment liefert im Vergleich zur reinen Muskelarbeit.


Fazit:
Mich hat das Bergamont E-MTB überzeugt. Besonders für Gelegenheitsfahrer erweitert es denn Radius und die Möglichkeiten. Statt Schiebefrust gibt es Uphill-Lust. Die Technik wirkt ausgereift und zuverlässig. E-Antrieb und Kettschaltung arbeiten erfreulich leise. Der leichte Alurahmen und das trendige 27,5-Format sind eine mainstreamige Vernunftlösung. Rund 3000 Euro kostet das Roxtar C 8.0. Das ist nicht billig. Aber auch nicht (zu) teuer, wenn man das gelungene Design, die Qualitätsanmutung und besonders den Fahrspaß dagegen rechnet.

Technischer Steckbrief:
-27.5" E-MTB mit Aluminium Rahmen und interner Zugführung
-Manitou Marvel Comp 100mm Luftfedergabel mit Remote Lockout
-Shimano SLX/Deore 10-fach Schaltung mit BGM Delta Pro Kurbel
-Shimano M447/M506 hydraulische Scheibenbremse
-Innenverlegte Kabel, BGM Motorabdeckung, Bosch Performance Line CX 
-Preis: rund 3000 Euro

1 Kommentar:

  1. Informativer und umfangreicher Test! :) Ich möchte mir demnächst auch ein neues Mountainbike zulegen, da mein jetziges nach den letzten Jahren etwas überfällig ist.

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