Sonntag, 6. März 2016

Rad-Menschen: Sabrina Friedrich radelt für Gesetz und Ordnung

Sabrina Friedrich von der Polizei-Fahrradstaffel Hamburg
Heute war ADFC Radreisemesse im CCH. Dort kann man neue Fahrräder bestaunen, sich über Reisen nach China mit Bambusbikes informieren oder Cargobikes probefahren. Oder sich mit Mitgliedern der Polizei-Fahrradstaffel unterhalten. Ich habe Letzteres getan und Sabrina Friedrich (32) kennen gelernt. Es wurde ein längeres Gespräch als gedacht.

Sie steht neben einem zerstörten Mountainbike. Sabina Friedrich erklärt Besuchern der ADFC Radreisemesse in den Hamburger Messehallen, was es mit diesem deformierten Fahrrad auf sich hat. "Der Fahrer wurde getötet. Beim Abbiegen geriet er unter einen Lkw", erklärt sie den Umstehenden, die erst interessiert, dann betroffen auf das Unfall-Fahrrad blicken.


Abschreckung: Dieses Mountainbike erlebte einen tötlichen Unfall
Die linke Hinterbaustrebe ist extrem deformiert, das Antriebsrad aus den Ausfallenden gerissen, Speichenenden ragen wie Igelstachel spitz in die Luft, vorne baumelt der abgebrochene Lenker nur noch vom Bremskabel gehalten in der Luft. Ein trauriges Bild. Nein, ein schockierendes Bild. Und genau das soll dieses Fahrrad: Es soll schockieren, abschrecken, warnen und aufrütteln.

Immer wieder muss Sabrina Friedrich die schreckliche Geschichte dieses Rades heute wiederholen; immer wieder die gleichen Fragen beantworten. Das ist Teil ihrer Aufgaben bei der Fahrradstaffel in Hamburg. Es geht um sicheren und damit besseren Radverkehr in der selbsternannten "Fahrradstadt Hamburg". Darum hat diese kaum bekannte Abteilung der Polizei einen kleinen Stand in der Hallenecke eingerichtet, der gut besucht wird.
Die Fahrradstaffel informiert auch über Diebstahlschutz

Aber was macht die Fahrradstaffel im Alltag? "Wir sind präventiv unterwegs, melden schadhafte Radwege oder Gefahrenschwerpunkte, kontrollieren sowohl Fahrrad- als auch Autofahrer", erklärt Sabina Friedrich. Und wenn es der Zufall will, beteiligen sich die Pedal-Polizisten auch an der Verbrecherjagd. Kein Zweifel: Einer Metropole wie Hamburg steht eine besattelte Copabteilung gut zu Gesicht, einer Möchtegern-Fahrradstadt sowieso.

Um so erstaunter bin ich, als Fahrradpolizistin Friedrich mir erzählt, dass die Staffel nur zehn Beamte umfasst, im Winter sogar nur fünf. Das ist viel zu wenig, meine ich. Die Fahrradstaffel sollte viel größer, damit sichtbarer sein und wo möglich die Streifenwagen ersetzen. Das hätte gleich mehrere positive Aspekte:
-mehr Verkehrssicherheit
-mehr Disziplin und Regeltreue der Fahrrad- und Autofahrer
-positive und symphatische Darstellung der Poizeiarbeit
-Kostensenkung durch Einsparung von Streifenwagen-Kraftstoff
-Umweltschutz durch Co2- und Schadstoffausstoss-Reduzierung

Zur Bekämpfung typischer Kleinkriminalität wie Taschen- oder Fahrraddiebstahl, Verfolgung illegaler Hütchenspieler und Drogendealern ist das Fahrrad dem Auto ohnehin weit überlegen. Ich behaupte mal, dadurch könnte die Polizei ihre Aufklärungsrate verbessern. Denn wie ich von Sabrina Friedrich erfahre, hat auch ein Fahrradpolizist bei Einsätzen Sonderrechte, darf also beispielsweise  bei rot über Ampeln fahren. Blaulicht und Martinshorn ist dafür nicht nötig und würden an einem Polizeifahrrad vielleicht auch lächerlich wirken.

Zum Schluss noch eine Frage an Sabrina Friedrich: "Würden Sie privat an der Critical Mass (CM) teilnehmen?", will ich wissen. Ihre Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: "Nein, denn dann würde ich eine Ordungswidrigkeit begehen", sagt sie. Aus Polizeisicht ist die CM nämlich jedes Mal eine nicht angemeldete Demo, Teilnehmer begehen also eine Ordungswidrigkeit. Als Beamtin könne sie sich das nicht erlauben. Dennoch ist Sabrina Friedrich bei der CM fast immer dabei. In einem der absicherten Schlussfahrzeuge der Polzei nämlich. Die Fahrradstaffel hat ihe Augen auch ihr auf Hamburgs Fahrradszene gerichtet.

Sabrina Friedrich mit Polizei-Dienstfahrrad
Wie erwähnt: Ich finde diese Polizeiabteilung und -arbeit sehr gut und ausbaubedürftig. Darum wünsche ich mir sehr, dass der neue (und fahrradaffine) Innensenator Andy Grote, die Polizeiführung und die neue Fahrradkoordinatorin Kirsten Pfaue sich für eine personelle Aufstockung dieser wichtigen Abteilung einsetzen. Auch beim Material wäre es nicht schlecht, wenn die Polizistinnen und Polizisten neben Bikes mit spezieller Rohloff-Polizeinabe auch auf Pedelecs und E-Bikes zurück greifen könnten. Sonst dürfte die Verfolgung elektrisierter Verkehrssünder schwer werden.

5 Kommentare:

  1. Hallo Jörg,
    ich verstehe das und die "Schocktherapieversiche" von Team Blau nicht: Was soll das zerstörte Rad, "das einen tödlichen Unfall erlebte", ausssagen? Dass man aufpassen soll, nicht von einem Lkw überrollt zu werden? Dass der Lkw-Fahrer sich der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht hat? Dass es der Politik scheißegal ist, wieviel Tote es auf Hamburgs Straßen gibt? Für sicheren Straßenverkehr sorgen?
    Ich empfinde diese bestenfalls unwissende und dumme Präsentation der Polizei als Verhöhnung der Opfer.
    Gruß, Dirk

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    1. Hallo Dirk! Danke für Deinen kritischen Kommentar. In der Tat kann man Überbeine und Zweck des Abschreckungsmittel-Bikes geteilter Meinung sein. Ist ähnlich wie mit den Warnungen auf den Zigaretten-Packungen. Wenn man es positiv sehen will, soll das zerstöre Rad wohl sagen: Auch wenn Du im Recht bist, wenn Du Vorfahrt hast, im Zweifel ziehst Du den Kürzeren. Aber wie erwähnt: So eine Präsentation kann auch strittig sein, wie Dein Kommentar zeigt. Was würdest Du denn bevorzugen?

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    2. Radfahren ist nicht gefährlich. Das genau ist aber die Botschaft der KollegInnen. Statt ihren Job zu machen, erschrecken sie kleine Kinder mit Fahrrädern, "die einen tödlichen Unfall erlebten" ...

      Wenn die F-Staffel einen Sinn haben soll, könnten die den ganzen Tag auf den Straßen fahren und Autofahrer abzetteln, die mal wieder zu doof sind, den Überholabstand einzuhalten.


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  2. Witzig, dass dir teils die gleichen Dinge aufgefallen sind wie mir, als ich auf der Messe war. Auch ich fand das MTB so, wie es "präsentiert" wurde - die Auflösung gab es ja nur auf Anfrage - wie Dirk ziemlich deplatziert. Ich stelle mir natürlich auch beim Radfahren in der Stadt mancherlei risikoreichen Situationen, aber das Hauptproblem, das ich bei Fahrten in der Stadt habe, ist ein anderes: Wo kann ich mein Rad sicher abstellen? Bei Aufklärungsquoten um 3 Prozent für Fahrraddiebstähle ist der Klau für mich ein erwartbareres Schadenereignis als selbst ein körperlich folgenloser Unfall.
    Viele Grüße,
    Michael

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    1. Richtig Michael, Radklau ist eines der größten Ärgernisse - nicht nur in Hamburg. Drei Prozent Aufklärungsrate beschämend. Was tun? Ich habe der Polizei vorgeschlagen, Köderbikes auszulegen, um so Dieben, Hehlern, Hintermännern auf die Spur zu kommen. Das gibt es angeblich schon. Und an Öffentlichkeit ist die Polizei bei dieser Maßnahme nicht interessiert, leider. Denn genau das hätte abschreckende Wirkung.

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