Doch wer genau, fährt da eigentlich mit? Um das zu beleuchten, habe ich auf der Juli-CM ein paar Portraits geschossen. Die abgelichteten Biker stehen stellvertretend für viel andere. Ich habe sie in eine nicht ganz ernstgemeinte CM-Typologie unterteilt. Es lebe die Vielfalt und Toleranz. Es gibt nicht den einen typischen CM-Teilnehmer, sondern ein breites Spektrum durch alle Ebenen der Bevölkerung. Ja, Radfahren verzichtet weitgehend auf Statusgehabe und ist angesagt wie nie. Bitte, ich möchte hier niemandem zu nahe treten. Darum folgende Fotos und Texte mit Humor und Selbstironie betrachten.
Der ADFC-Aktivist⇒:
Er trägt Warnweste, Helm und fährt ein solides Tourenrad mit Nabendynamo und Packtaschen. Das sieht nach großer Ordnungsliebe aus. Der ADFC liegt nicht jedem; seine Arbeit und seine Mitglieder sind aber wichtig. Und auf der CM sind die gelben Farbkleckse aus meiner Sicht willkommene Pro-Radverkehr-Unterstützer.
⇓Die Rennrad-Fahrerin: Wie die Mountainbike-Fraktion fahren auf der CM auch immer wieder Rennräder mit. Die Fahrer/innen tragen zivil oder ihr komplettes Rennoutfit. Ich vermute mal, dass so mancher die CM nach seiner Trainingsrunde darn hängt. Kann ja nicht schaden, den 35er Trainingsschnitt bei einem 12 km/h-Stundenmittel ausklingen zu lassen.
⇐Die Reporter/innen⇓: Ob NDR, Deutschlandfunk, oder Süddeutsche - fast keine CM kommt mehr ohne ein oder mehrere Reporterteams aus. Meistens führen sie Interview beim Start. Oder während der Fahrt. Die Dame links arbeitet für NDR Info, das Team unten für das ARD Mittagsmagazin.
⇓Die Modebewussten⇒: Ein schönes Sommerkleid, dazu ein Hut oder eine schicke Weste - Mode auf dem Rad ist ein weites Feld und in meinen Augen in Deutschland noch stark unterentwickelt. Mir ist völlig unverständlich, warum die anglophile Stadt Hamburg keinen Tweed Run hat. Dabei zeigt vor allem so manche Dame, dass es möglich ist, ohne Jack-Wolfskin- und North-Face- Funktionsjacken stilvoll Rad zu fahren. Bitte, bitte mehr davon. Viel mehr!
Der Angeber⇒: Eher eine Ausnahmeerscheinung als die Regel. Der Kamerad bewegt sein elektrifiziertes Mountainbike mit Vollvisierhelm und Bassbox auf dem Gepäckträger. Klar, fällt es auf. Und genau das ist Sinn der Aktion. Ich finde das gut. Es bereichert die CM um eine weitere Facette.
⇐Die Klappradfahrer⇑: Keine CM ohne Klappräder unterschiedlichster Art und Epoche. Das 60er Jahre Rekord mit Frontgepäckträger (oben)gehört ebenso dazu wie neumodische Birdy (links). Auch Klapp-Tandems und edle Moultons habe ich bereits gesichtet. Ein Klapprad zu fahren hat nicht nur den Vorteil, es einfach in Bus und Bahn mitführen zu können, sondern den Dingern umweht auch ein besonderer Charme. Klappi ist Kult.
Der St.-Paulianer⇒: Braunes FCSP-Shirt mit dem Jolli-Roger-Motiv, Tattoos und Astra-Knolle in der Hand, so oder so ähnlich sieht der Bilderbuch-St-Paulianer aus. Was wie ein Klischee für Schanzen-Touristen wirkt, kann man aber tatsächlich auf den Straßen Hamburgs entdecken. Bei der CM.
⇐Der Velomobil-Pilot: Ist das noch ein Fahrrad? Velomobile sind verkleidete Liegeräder, die erstaunliche Geschwindigkeiten erreichen. Ein Dauertempo und 50 km/h und mehr ist dank sehr guter Aerodynamik möglich. Für eine CM sind sie eigentlich viel zu schnell, aber natürlich nicht nur für technikinteressierte eine nette Bereicherung. Die Fahrer/innen dieser Geräte sind meiste Technik- und Sportfreaks und eine verschworene Gruppe.
Der Handbiker⇒: Auch sie sind immer wieder bei der CM dabei und sehr wichtig für eine positive Ausstrahlung. Noch mehr wie Radfahrer ohne Handicap, sind Handbiker auf breite und glatte Radwege angewiesen. Verblüffend, wie zügig so eine handbetriebene Maschine werden kann.
⇐Die Tandem-Fans: Zu zweit zur CM. Und dann ganz nah beieinander. Gibt es was Schöneres? Tandemfahren ist eine besonders schöne Art, die CM zu erleben. Captain (so heißt der Vornefahrer) und Stoker (sitzt hinten) sollten sich gut verstehen und harmonieren. Sonst gibt es Ärger. ich weiß wo von ich schreibe. schließlich besitze ich mehrere Tandems. Leider habe ich bei der CM noch nie ein Triplet (Dreier-Fahrrad) oder noch längere Gefährte gesichtet. Dafür aber schon ein sehr kurioses Parallel-Tandem (Fahrer sitzen nebeneinander) und Bi-Bicci (Stoker sitzt quasi auf dem Gepäckträger)
Das Vater-Sohn-Duo: CM als Familienausflug? Warum nicht? Kinderanhänger (siehe weiter unten) gehören ebenso zur CM wie Vater-Sohn- und Mutter-Tochter-Gespanne. Auch mehrköpfige Familien fahren schon mal als Kleingruppe in der Masse mit.
Der Rad-Händler: Robin ist Mit-Inhaber von Urbike in der Feldstraße und fährt gern bei CM mit. Und trifft dort auch immer wieder auf seine Kunden. Klar, wer bei Ur-Bike ein auffälliges und schönes Rad kauft, hat auch Spaß daran es zu zeigen. Un der Ur-Bike-Chef ist bei weitem nicht der einzige Radhändler, der bei der CM am Start ist. Manche Radhäuser organisieren sogar eine gemeinsame Anfahrt zum Treffpunkt.
⇐Die Dame: Sie sieht aus, als wolle sie zum Wochenmarkt und den Korb auf dem Touren- oder Hollandrad mit Gemüse und Früchten füllen. Wohl der Idealtyp einer Alltagsradlerin.
Die Grazie: Fährt ein modernes und auffällig lackiertes Hollandrad, alternativ auch gerne einen Beachcrusier. Sie schätzt die aufrechte Haltung und die schwanenhafte Geometrie der niederländischen Bequemräder. Motto: Radfahren ist relaxter Lifestyle.
Der Nachwuchs⇒: Sitzt oder liegt im Kinderanhänger. Je nach Alter verschläft sie oder er gerne die gesamte CM. Mangels Babysitter sind die ganz Kleinen bei der CM dabei. Wenn das kein guter Start in eine gute Radfahrer-Karriere ist....
⇐Die Stadtrad-Mieterin: Ihr lachen begeistert und steckt an. Trotz Stadtrad. Komisch, die Dinger sind schwer und nicht sonderlich fahrspaßorientiert. Über all das scheint die CM-Stimmung diese Teilnehmerin hinwegzutrösten; so wie sie strahlt. Für Stadtrad ist die CM sicherlich immer ein Boomtag, denn die roten Räder sind in durchaus stattlicher Anzahl bei jeder CM vertreten. Wer um 19 Uhr mietet und das Rad drei Stunden später zurück gibt, zahlt übrigens zwölf Euro. Das ist exakt der 24-Stunden-Tarif. Also das Rad am besten gleich morgens mieten und erst am nächsten morgen retournieren.
So, das war er, der Blick auf die CM-Teilnehmer und ihre Räder. Wem die Veröffentlichung seines Bildes trotz der von mir eingeholten Genehmigung nun doch missfällt, möge sich melden.
Die Typologie lässt sich fortsetzen. Mal sehen, was die nächsten CM so bringen.
sehr schöne und umfassende Typologie. Ich passe mit Dir auf, was man noch ergänzen kann. lars / axiom1
AntwortenLöschennice
AntwortenLöschenIch hab mich mal wieder köstlich Amüsiert.
AntwortenLöschenSchöne Grüße aus WilliBurg Christian
War schön Dich wieder dort zu treffen :) Es fehlt Dein Bild in der Klapp-Renn-Biertransporter-Kategorie :) Uli
AntwortenLöschenHi Ulli! Du hast völlig recht. Es fehlen natürlich noch so einige CM-Erscheinungen. Darum: Fortsetzung folgt. Gruß Jörg
AntwortenLöschenwww.project-consult.de/files/P7250216.JPG allerdings ohne Fahrer ... :)
AntwortenLöschenJa, wirklich sehr schade, dass es in HH keinen Tweed Run gibt. Grüße
AntwortenLöschenMoin!
AntwortenLöschenKannst ja bei einer der nächsten CM noch den Rollerfahrer mit einbringen ;-)
... eine wirklich schöne Zusammenstellung der Teilnehmer! Tatsächlich schreibe ich gerade eine Masterarbeit über die CM in Hamburg und bin noch auf der Suche nach redewilligen Interviewpartnern zum Thema, vielleicht kann man sich ja mal austauschen! Beste Grüße, Gabriela
AntwortenLöschen(...ich finde hier leider keine Kontaktadresse, daher der Versuch als Kommentar :) )
Hallo Gabriela! Da helfe ich gerne wenn ich kann. Ruf mich einfach an: 0179/3908837
LöschenDeine Massenarbeit finde ich natürlich hochinteressant.
Gruss
Jörg
Huhu Gabriela.
LöschenIch bin auch auf JEDEN Fall interessiert. Magst Du Dich bei mir melden? cyclinghh@posteo.org oder https://twitter.com/cyclinghh
Liebe Grüße