Donnerstag, 27. November 2014

Critical Mass: taz kündigt CM offiziell an

Ein kleiner Text, aber vielleicht mit großer Wirkung: In der heutigen Ausgabe der "tageszeitung" findet sich eine kurze Meldung über die Critical Mass. Es wird darin bekannt gegeben, dass die CM in Schwerte um 17 Uhr vor dem Bahnhof ihren Treffpunkt hat. Das ist in sofern beachtlich, weil es als strittig gilt, was die CM eigentlich ist: eine Veranstaltung, die angemeldet werden muss? Oder nur eine spontane Facebook-Party? Oder sogar illegal und wer dazu aufruft macht sich möglicherweise strafbar? Ein behördlicher Schlag in diese Richtung gab es zumindest kürzlich in Hamburg-Harburg. Gegen einen Rad-Aktivisten, der auf seiner Internetseite zur CM aufgerufen hat, wird oder wurde von der Polizei aus ermittelt.


So gesehen dürfte auch der taz-Terminhinweis nicht ganz unkritisch sein. Denn die Bekanntgabe von Ort und Zeit in einer Tageszeitung spricht gegen den Spontancharakter. Das dürfte diejenigen bestärken, die glauben, dass es sch bei der CM um eine genehmigungspflichtige Veranstaltung nach dem Versammlungsrecht handelt

Bei Deutschlands größter CM in der Hamburger Innenstadt hat die Polizei kürzlich ihre Muskeln gezeigt und die bewährte Form des wohlwollenden Dulden des Treibens in Frage gestellt. Anschließend verschwand der Hinweis auf die CM übrigens von den offiziellen Seiten der Stadt Hamburg, die die CM an der Elbe offenbar schon als Tourismus- und Coolness-Faktor gesehen hat. Schade.

Ich finde die CM sollte als offizielle Veranstaltung mit Dauergenehmigung geführt werden. Zumindest in Hamburg, weil hier im Sommer bis zu 5000 Radfahrer mitmachen und auch im Winter sich große Teilnehmerzahlen zur freitäglichen Monatsendtour treffen. Ich weiß: Der harte CM-Kern wird das anders sehen, ist gegen Blaulichtbegleitung, Partyradler und hält die Critical Mass als politische Protestbewegung mit einem Schuss linker Anti-Akw-Romantik. Ich glaube die Gründungsphase hat die Hamburger CM hinter sich. Die wilden Tage sind vorbei; nun frisst die Revolution ihre Kinder. Auch wenn es für einige bitter klingt: Die CM ist auf dem Weg zum Mainstream. Und das ist auch gut so. Denn je mehr Leute Rad fahren, desto besser. Mainstream ist hier also kein Schimpfwort, sondern eine Erfolgsmeldung, auf die jeder Stamm-CMler stolz sein kann.

Mich persönlich würde es auch nicht stören, die Route vorher mit der Polizei abzustimmen. Das nimmt der CM aus meiner Sicht nicht ihren Charakter und Charme. Im Gegenteil: Mit offizieller Genehmigung wären vielleicht zum Beispiel das Befahren von Elbtunnel und Köhlbrandbrücke drin.

1 Kommentar:

  1. CM mit Genehmigung ist absurd meine ich und will auch sagen wieso: Die Critical Mass in Bielefeld, seit Sommer 2014 wieder im Kommen, kennt das Problem aktuell nämlich auch. Die Staatsanwaltschaft hat auf Anregung der hiesigen Polizei Ermittlungen aufgenommen, die sich bislang noch nicht gegen eine bestimmte Person richten. Die Anwesenheit der CM wird von verschiedenen Gruppen der Fahrradszene begrüßt. Während der ADFC sich deutlich uninteressiert zeigt, sehen andere in der CM ein neues Selbstbewusstsein, der Radlern das Gefühl gibt, dass sie mit ihren täglichen Problemen nicht allein sind und die bestehenden Einrichtungen und Regeln ändern könnten. Bei einem Polizeigespräch bot die sichtlich bemühte Polizei ihre Unterstützung für mehr Sicherheit bei der CM an und begründete dies u. a. mit dem Argument, dass es dann auch kein Problem sei, wenn verkehrswidrige Fahrräder - etwa Fixies oder Dirt Bikes oder einfach mangelhafte - dabei wären. - Das ist absurd: die von der Auto-Lobby als Staumacher kritisierte CM würde damit nicht mehr ernst zu nehmen sein. Eine genehmigungspflichtige CM würde bald schon Auflagen unterliegen, die dem herrschenden Status-Quo das Leben erleichtern helfen würden und ihr den Charakter als Anzeiger einer Verkehrswende nehmen würden. CM ist eine praktische Erfahrung, wie es ist, wenn sich die Massen-Verhältnisse einmal umkehren und mehr Radfahrer als Autos auf der Strecke sind. Die Radfahrer wollen ernst genommen werden und fahren mit sicheren Fahrrädern (wobei es auch zu Abweichungen von der StVO kommen kann.) Andererseits kann man natürlich auch - mit vorheriger Genehmigung - für den Umbau des Stadtverkehrs demonstrieren, um politisches Handeln zu provozieren. Aber das hat mit CM nichts zu tun.

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