Freitag, 6. Mai 2016

Testtagebuch: Das Aldi-Rad unter der Lupe

Seit zwei Wochen parkt das Aldi-Rad nun in unserem Fahrradhäuschen. Richtig große Touren hat es noch nicht erlebt; eher kurze Trips zum Bäcker, durch den Park und einen 25 Kilometer-Ausflug am 1. Mai. Bisheriger Befund: alles okay. Das Rad rollt ordentlich, macht keine Geräusche und bremst gut. Darum heute ein Blick auf die verbauten Komponenten, die ja für manchen Fahrradkäufer kaufentscheindend sind.

Bremsen: Die V-Brakes stammen von Alhonga. Mir sagt das wenig bis nichts. Technisch wirken sie sauber verarbeitet und die Verzögerung ist gut. Auch das Hebelgefühl am Lenker ist prima und lässt eine feinfühlige Dosierung zu. Zusätzlich kann das Curtis Cityrad mit der Rücktrittbremse der Nexus-Nabe gebremst werden. Mehr Bremssicherheit braucht kein Mensch!

Nabendynamo: Er stammt von Shimano und trägt die Bezeichnung DH-3N31-NT ein Massenprodukt und dementsprechend bewährt. Klar, es gibt bessere Leichtlaufwunder, z.B. von SON. Aber für dieses Stadtrad reicht der günstige Shimano-Nabendynamo voll und ganz aus. Er ist in jedem Fall besser als die gern an Discounträdern verbauten Seitenläuferdynamos.

Lichtanlage: Eine Fahrt im Dunkeln habe ich noch nicht absolviert. Trotzdem steht schon fest: Der Scheinwerfer produziert einen hellen LED-Lichtkegel, hinten strahlt vom Gepäckträger-Ende eine rote LED-Schlusssleuchte. Das entspricht nicht nur der StVZO, sondern reicht für den üblichen Praxiseinsatz dieses Rades aus. Nur wer viel im Winter über unbeleuchtete Waldwege fährt, sollte sich Gedanken über einen besseren Scheinwerfer machen.
Vorbildlich: die Nexus-Nabe

Hinterradnabe: Sie ist für mich das Glanzstück an diesem 299-Euro-Rad. Die Nexus-Siebengang von Shimano gehört zu den robustesten Schaltungsnaben überhaupt. Per Drehschalter am rechten Griff betätigt bietet sie blitzschnelle Gangwechsel. Das Übersetzungsspektrum ist praxistauglich gewählt und die Entfaltung fast für jede Fahrsituation passend. Ob Steigung, Ebene, Gegenwind oder Abfahrt - einer der sieben Gänge passt immer. Kein Wunder also, dass die Nexus beispielsweise auch in den Hamburger Stadträdern verbaut wird.

Ohne nennenswerte Funktion:
Feder-Sattelstütze
Sattelstütze: In ihr ist eine kleine Feder integriert.Das gaukelt Komfort vor. Tatsache ist: Eine wirklich stossabsorbierende Wirkung konnte ich bisher nicht feststellen. Ich würde eine leichtere Stütze ohne Feder bevorzugen und halte sie für einen Marketing-Gag.


Sattel: Nicht besonderes. Er ist eher sportlich schmal gehalten und wirkt für meinen Geschmck etwas zu nachgiebig.




Sinnlose Federgabel am Curtis-Rad
Federgabel: Für die gilt das Gleiche wie für die Sattelstütze. Ich halte sie für überflüssig, ja sogar kontraproduktiv. Denn sie treibt das Gewicht nach oben und bietet keinen Komfortgewinn. Ich habe mehrfach mit Absicht Gullideckel, Absätze und Schlaglöcher überfahren, um ihre Wirkung zu prüfen. Diese ist kaum festzustellen. Weder in der Druck- noch in der Zugstufe vermag die Gabel eine dämpfende Wirkung zu entfalten. Zwar fehlt mir der direkte Vergleich mit einer Starrgabel, doch den Komfort kann die SR Suntour CR 7 nicht verbessern. Besser raus damit und ein leichteres Fahrrad anbieten.


Speichen, Felgen, Reifen, Gepäckträger: Alles eher einfach gehalten. Die Noname-Reifen wirken eher hartflankig, was nicht nur den Abrollkomfort schmälert, sondern auch den Rollwiderstand erhöht. Wahrscheinlich kann man durch einen Reifenwechsel die Laufeigenschaften des Rades deutlich verbessern.

Nachgemessen: Das Aldi-Rad wiegt "nur" 18,6 statt knapp 20 Kilo
So weit der Komponenten-Kurzcheck und die damit verbundenen Fahreindrücke. Sehr, sehr spannend ist ja immer die Frage nach dem Gewicht von all dem Firlefanz. Aldi- wie auch andere Discountfahrräder stehen stets im Verdacht, sehr (und damit zu) schwer zu sein. Tatsächlich steht im Datenblatt des Curtis-Rades 19,6 Kilo als Gewichtsangabe. Beim Nachmessen mit der Kofferwaage dann die Überraschung. Das auf 100 Gramm genaue Gerät zeigt 18,6 an. Das Also-Rad ist also ein Kilo leichter als angegeben.

Nächste Folge: Das Design.


5 Kommentare:

  1. Ich hätte die Version mit der Kettenschaltung genommen: XT-Schaltwerk mit Alivio-Shiftern, Qandoo-Naben, SunRace-Kassette und KMC-Kette (Rest: Altus, Acera und No-Name) ist der Wirkungsgrad doch besser als mit der fettgelagerten (aber immerhin robusten) Nexus-Nabe: Wenn Nabenschaltung, dann doch eher Alfine.

    Und zur Suntour-Gabel: Stahlfeder und Reibungsdämpfung. Das ist PKW-Technik der 1920er. Man kann diesen Gabeln mit sehr viel sehr zähem Fett helfen. Dann ist das Losbrechmoment (Haftreibung) geringer, aber die Gleitreibung höher. 100g Fett machen das Rad halt 100g schwerer...

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    1. Danke Mattias für diesen fundierten Beitrag. Ja, ich hatte auch überlegt, das Trekkingrad mit der Kettenschaltung zu wählen. Aber ich bin eben auch Nabenschaltungsfan und die Nexus wirkt bislang robust und schaltet super.

      Und danke auch für die wunderbare Vokabel "Losbrechmoment". Jeder, der schon mal so eine Billig-Federgabel gefahren ist, wird verstehen was damit gemeint ist.

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    2. Robust ist die Nexus und der Schaltkomfort ist auch gut. Und wenn man häufig im Regen unterwegs ist, dann ist die Getriebenabe natürlich wartungsärmer. Alles keine Frage. Was mir bei der Nexus 7 nicht gefällt, ist der fehlende direkte Gang: Während die SRAM S7 den vierten direkt antreibt, laufen bei der Nexus alle Gänge über die Planetenradsätze. Im Idealfall wählt man bei einer Nabenschaltung das Ritzel so, dass man beim "Cruisen" die meiste Zeit im direkten Gang fährt. Nexus/Alfine 8 haben übrigens einen direkten Gang.

      Die Suntour-Gabel ist IMHO die größte Schwachstelle des Aldi-Rades. Wenn das Rad täglich eingesetzt wird und auch mal im Regen parkt, läuft sie voll. Man sollte bei diesen Suntour-Gabeln daher tatsächlich zweimal im Jahr eine Zerlegung, Reinigung und den Zusammenbau mit viel Fett durchführen.

      Damit sind wir wieder bei dem Punkt, dass man gewisse Fachkenntnisse braucht, um billige Fahrräder sicher und zuverlässig übers Jahr zu bringen...

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  2. Richtig cool, dass das mal analysiert wird

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  3. Finde es auch sehr gut, was hier analysiert wurde! Besonders die Federgabelproblematik. Ich persönlich fänd es schön eine zu haben, aber es deutet sich an, das man für ein gutes Produkt dann eben doch n Batzen mehr Geld in die Hand nehmen müsste.... schade, besonders bei Hamburgs ruppigen Wegen ;-)

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