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BH Bicicross: Mix aus Bonanza- und BMX-Rad. Vorderer Spritzschutz fehlt leider. Habe ich inzwischen aus einem weissen Wassereimer selber gebastelt |
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Der Name sagt eigentlich schon alles: Bicicross. Übersetzt heißt das etwa so viel wie Geländefahrrad. Mit diesem Bike stellte die spanische Firma BH in den 70er- und 80er-Jahren einen interessanten Hybriden aus Bonanzarad und BMX-Maschine her. Kürzlich konnte ich ein Exemplar von einer Hamburgerin erstehen, die es erst als Alltagsrad in Valencia, später auf St.Pauli nutzte.
Lange, sehr lange blickte ich auf die Bilder in der Kleinanzeige: Ein ziemlich ramponiertes, rotes Bicicross war da zu sehen. Ich grübelte: Ist das nun einfach ein weiteres Bonanzarad-Derivat oder schon ein echter BMXer. Irgendwie beides. Bananensattel, Sissybar und Fakefedern zur Zierde in der Doppelrohrgabel sind typische Bonanza-Stylingelement; der breite Lenker dagegen mit Verstärkungsquerrohr und Doppelklemmung beweisen eindeutige BMX-Anklänge.
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Bonanza-Style: Bananensattel und Sissybar |
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Fakefedern machen auf Offraod-Feeling |
Ganz klar: Das Rad ist stark vom Motorcross-Sport inspiriert, der in Spanien ziemlich beliebt ist. Vor allem die beiden kurzen und sehr leichten Kunststoff-Spritzschützer scheinen direkt aus der Motorradwelt übernommen worden zu sein - sie wirken sehr funktional. Der vordere fehlt an meinem Rad leider. Inzwischen habe ich mir aus einem weissen Wassereimer ein Ersatzteil geschnitzt. Stimmt farblich zwar nicht ganz, passt aber sonst ganz okay.
Aber das Bicicross bleibt ein Kinderrad. In höchster Sattelpostion komme ich mit der Geometrie besser klar als erwartet (1,85 Meter Körpergrösse). Für eine optimale Sattelhöhe fehlen nur ein paar Zentimter. Vielleicht sollte ich der Sissybar noch weitere Bohrungen am oberen Ende verpassen; ein bisschen Platz ist da ja noch.
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BH steht für Beistegui Hermanos |
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BH-Logo auf Vorderradnabe |
Das Fahrverhalten ist überraschend agil. Überraschend deshalb, weil das Bicicross spürbar wendiger fährt als ein normales Bonanzarad. Einen wichtigen Anteil daran dürfte der steife und breite BMX-Lenker haben.
Es gibt das Bicicross auch mit der typischen Bonanza-Schaltkonsole auf dem Oberrohr, mein Exemplar verfügt aber über keine Kettenschaltung, sondern ein Einfach-Freilaufritzel. Darum ist die erreichbare Endgeschwindigkeit eher mässig. Zum Schnellfahren gibt es Besseres.
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Schöne Alubremsen mit Logo |
Was mir bei der Überholung sofort angenehm auffiel ist die liebevolle Gestaltung der Anbauteile, Schrauben und Details. Fast überall ist die Buchstabenkombination BH zu entdecken: Bremshebel, Pedale, Kurbelschrauben, Gabelbolzen, Satteklemme, sie alle tragen das Firmenlogo.
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Auch die Kurbelschrauben tragen BH |
BH steht übrigens für Beistegui Hermanos, also Gebrüder Beistegui. Ab 1909 baute die Firma der drei Geschwister zunächst Waffen in Eibar. Später wurde der Laden für gute Rennräder und Mountaibikes bekannt, bot aber auch Bikes für die breite Masse an. Vor allem im Profi-Radrennsport ist das Kürzel BH eine fast schon legendäre Marke, die zahlreiche Erfolge, besonders bei der Vuelta Espagna einfuhr.
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Sogar die Bremsgummis sind mit BH gekennzeichnet | |
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Mit dem Bicicross hat sich BH einen besonderen Gedenkstein der Fahrradgeschichte gesetzt; einen, der wie kein anderer den Übergang des Angeber-Bonanzardes zum echten Sportgerät BMX dokumentiert.
Nachtrag vom 16.05.2018: Vor ein paar Tagen meldete sich eine Video-Produktionsgesellschaft bei mir: "Hast Du ein Bonanzarad? Oder ein altes BMX?", so die Anfrage. Meine Antwort: Ja, ich habe eine Mischung aus beiden. Das passte! Den Filmleuten leihte ich daraufhin das Bicicross für einen Dreh mit der Band
Madsen. Das Video zu dem neuen Song soll Anfang Juni erscheinen. Ich bin sehr gespannt, wie sich mein Bicicross macht...
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Making-of-shot: Bicicross und Klapprad für Madsen-Video |
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