Rad-Händler

Die besten, coolsten, originellsten Radhändler in Hamburg

Ein guter Fahrrad-Händler ist Gold wert. Aber was ist ein guter Fahrradladen? Woran erkennt man das? Schwierig zu sagen. Fast jeder wird da so seine Erfahrungen, Geheimtipps und abschreckenden Erlebnisse haben. Ich komme an keinem Radladen vorbei; zumindest dann nicht, wenn er halbwegs attraktiv aussieht. Das Schaufenster hat da eine zentrale Bedeutung. Was steht und hängt dort? Wie ist was präsentiert? Und natürlich sind Werkstatt und und Preise wichtig.

Seit Jahren streife ich durch Hamburg und schau mir Fahrrad-Geschäfte an. Auf dieser Seite in meinem Blog werde ich sie nach und nach vorstellen und bewerten. Vor allem wer neu ist in der Stadt, kann davon profitieren. Mein besonderes Interesse gilt dabei den besonderen Läden, den supercoolen wie dem kleinen Eckladen mit liebevoller Betreuung. Klar, es sind meine ganz subjektiven Eindrücke. Vielleicht haben andere Kunden und Besucher ganz andere Erfahrungen. Aber für alle, die sich für Thema Fahrrad, Teile und Rad-Kultur interessieren, mag diese Serie zur einer hilfreichen Orientierung werden.



Folge 1: Urbike
Feldstr. 37, 20357 Hamburg



Erst seit ein paar Wochen betreiben Mike Glaser und Robin Homolac eine Filliale ihres Münchner Ladens auch in Hamburg. Aber was heißt schon Laden? Urbike ist eher eine Fahrrad-Boutique als ein klassisches Ladengeschäft. Verkauft werden bunte Singelspeeds an Kunden, die ein auffälliges Fahrrad wollen und darin nicht nur ein Fortbewegungsmittel sehen, sondern auch ein Mode-Accessoire, also mit ihrem "Bike" ein Lebensgefühl ausdrücken

Der farblichen Zusammenstellung von Rahmen, Reifen, Felgen, Kette, Pedale, Vorbau, Lenker, Spacer... sind dabei kaum Grenzen gesetzt. Außerdem stehen im Fenster ein paar Rennrad-Klassiker, die in erster Linie als Deko dienen, aber auch gekauft werden können. Auch ein paar Ersatzteile wie bunte Pedale, Ketten oder Reifen sind in der Feldstraße vorrätig. Gestartet ist das Konzept der Individualisierung mit einem gleichnamigen Internet-Auftritt. Dort können in einem Konfigurator die Räder am Bildschirm zusammengestellt werden - das macht schon Appetit auf so ein großstädtisches Statussymbol.

Bei meinem Kurzbesuch war die Atmosphäre sehr entspannt. Leider weiß ich nicht, ob mich Mike oder Robin bedient hat. Er war jedenfalls sehr auskunftsfreudig und hat lebhaft über die Entstehung des Geschäftes geplaudert, von seinem Konzept und von seinen Kunden. Und wie auf Bestellung marschierte ein Interessent herein, der wie ein Profispieler des benachbarten FC St. Pauli aussah. Wäre ja nicht schlecht, wenn die ihre PS-Protzkarren mal gegen schöne Fahrräder tauschen, um zum Training zu fahren. Der Standort im szenigen Karoviertel ist jedenfalls gut gewählt. Hier ist die urbane Bohéme zu Hause, hier mischen sich zahlungskräftige Werber mit linker Protestkultur und unangepassten Querdenkern.

Fazit: Wer ästhetische Fahrräder mag, auf knallige Farben steht und reduzierte Technik schätzt, sollte mal einen Blick in diesen Laden werfen.







Folge 2: Fahrradwelt Hamburg

Mexikoring 7, 22297 Hamburg

Mittwochabend in der City-Nord. Trist wirkt der Beton, wie Blei. Die riesigen Fassaden und das Gänge-Labyrinth sind ein Relikt der 60er Jahre. So stellten sich Stadtplaner wohnen und arbeiten vor 50 Jahren vor. Geblieben ist davon wenig. Nur einzelne Gestalten huschen vorbei. Viele Geschäfte stehen leer. In der Musikkneipe Barrock stimmt ein Gitarrist seine Saiten und wer seine Ohren spitzt, hört vielleicht den Admin im benachbarten Fitness-Studio auf dem Spinning-Bike stöhnen. Eine gespenstische Szenerie, die stark an "Clockwork Orange" erinnert. 

Nur hier kommt nicht Alex um die Ecke, sondern Axel. Axel Brune. Seit kurzem hat der Mann in der blauen Latzhose mehrere Räume in der ersten Ebene der "Geschäftsstadt Nord" - so hieß sie früher mal - gemietet. Noch wird umgebaut und renoviert. Doch einen Namen hat Axels Geschäft schon: Fahrradwelt. Und das meint er durchaus wörtlich. Denn bei Axel gibt es nicht nur neue Räder und Reparaturen, sondern kleine Themenwelten. So bietet er neben klassischen Fahrrädern und Oldtimern auf Wunsch auch Lastenräder an - ein kleiner Fahrrad-Kosmos eben. Der Name verspricht also nicht zu viel. Die Räume sind schon jetzt originell gestaltet. 

Neben dem neuen Geschäft betreibt Axel Brune auch die Reparaturstation "Dr.Bike" auf dem Gelände des UKE. 

 

Es war ein langer Weg für den Mann aus Münster. Nach einer Odysee mit mehreren Standorten in Eppendorf ist Axel mit seinem neuen Konzept in der City Nord angekommen. Hier gibt es nicht nur viel Platz, sondern auch langfristige Mietverträge. Der Laden hat jedenfalls Charme und ist bis 20 Uhr geöffnet. Wer sich für Restaurierungsprojekte interessiert und keine Rostallergie hat, wird garantiert fündig. Die großzügige Werkstatt ist aufgeräumt, sauber und gut einsehbar für die Kunden - fast wie eine Showküche. 

Und das beste: Axel ist Fahrradfan durch und durch. Er stammt aus Westfalen, die Nähe zu Holland hat ihn geformt. Das ist zu spüren. Der Mann ist kein Schnacker, aber immer für einen guten Schnack zu haben. Also: Wer eine kleinere oder größere Reparatur zu erledigen hat, sollte sich ruhig einmal in der City Nord verlieren. 

Fazit: Kein gewöhnlicher Radladen, sondern eine kleine Themenwelt mit Schwerpunkt Oldtimer. Standort, Geschäftsgröße und Atmosphäre sind unvergleichlich. 



Folge 3: Superfiets

Löwenstraße 75, 20257 Hamburg

Einladend schimmert ein warmes Licht auf den Gehweg. Sichtschutz klebt in den Fenstern. Das macht neugierig. Hat hier jemand etwas zu verbergen?

Nein, ganz im Gegenteil: Durch die offene Tür sind Fahrräder zu sehen, jede Menge Fahrräder. Ach was Fahrräder! Es sind Rennräder - alle aus dünnen Stahlrohren, alle mit Rahmenschaltung, alle historisch und fast alle zu verkaufen. Peugeot, Pinarello, Gazelle, Giant, Gitane, Gios, Koga, Union, Jan Jansen, Motobecane und so weiter und sofort. Ein Paradies für Retro und Rennradfreaks.



Inhaber Jürgen Frese hat seine Leidenschaft ein wenig auch zum Beruf gemacht. In der Eppendorfer Löwenstraße verkauft er aus seinen Lagerräumen historische Rennräder für Kenner. Das hat Stil und Charme. Kein strahlender Mamor- und Glaspalast, statt dessen ein kuscheliger Altbau und Räume, die wohl mal ein Tante Emma-Laden waren.

Hier gibt es keine hochglanzpolierten Angeber-Teile für die Wand im trendigen Start-Up-Loft, sondern ehrliche Gebrauchsräder mit Patina. Ja, sie haben Schrammen, Lackschäden oder geschmacklose Lenkerbänder. Aber darum erzählen sie auch Geschichten und sind für den Alltag bestimmt. Superfiets ist alles andere als ein konventioneller Radladen, eher eine Hinterhofwerkstatt im besten Sinne des Wortes.

Darum können Kunden hier auch nicht so einfach hinein marschieren, sondern mit Jürgen sollte man einen Besichtigungstermin vereinbaren - oft ist er zwischen 17 und 19 Uhr im Lager oder der nebenliegenden Werkstatt anzutreffen. Aber Achtung: Wer einfach mal so zum gucken vorbei kommt, läuft Gefahr mit einem neuen alten Rennrad nach Hause zu fahren. Jürgens Auswahl ist wirklich beachtlich. Ob Sachs Huret oder Shimano 600, ob Maillard oder Mavac, wem diese Vokabeln mehr sagen als simple Baugruppenbezeichungen, wird bei Jürgen leuchtende Augen kriegen.

Damit das so bleibt, beschafft der gelernte Werbetexter ständig Nachschub - vor allem aus Frankreich. Kein Wunder also, dass Superfiets etliche Peugeot-Renner im Angebot hat. Und diese Marke führt ja bekanntlich eine afrikanische Großkatze im Logo und passt darum bestens zu der Adresse: Löwenstraße und Peugeot gehören mindestens so zusammen wie Drosselgasse und Weinbrand.

Fazit: Asbach-Uralt-Renner sind der letzte Schrei; in der Hippster-Szene ist ein Stahlflitzer zur Zeit jedenfalls Pflicht und Jürgen freut sich über sehr gute Resonanz. Superfiets ist für alle Oldiefans ein echter Geheimtipp. 
http://www.superfiets.de/



Folge 4: Two Wheels Good

Bismarckstraße 132, 20253 Hamburg


Wer soll das verstehen? "Two Wheels Good", übersetzt also "zwei Räder gut" oder "zwei gute Räder" oder "gute Zweiräder"? Oder was? Ich kann mit diesem Anglizismus jedenfalls nichts anfangen. Soll wohl modern klingen, trendy, cool. Ist es aber nicht, sondern für meine Ohren bleibt "Two Wheels Good" (TWG) ein kryptischer, unverständlicher Zungenbrecher.



Schade, denn der Laden in der Eimsbütteler Bismarckstraße ist eigentlich ganz sehenswert. Aber was heißt schon Laden? Dieses Fahrradgeschäft gleicht eher einer noblen Boutique und sucht auch in den entsprechend zahlungskräftigen Reihen sein Publikum. Hinter der großen Glasfasade stehen rund ein Dutzend edle Stadtfahrräder, unter anderem der Marken Bella Ciao, Beloved Cycles, Bullit, Cooper und Lasterräder von Bakfiets. Stars im Verkaufsprogramm bei "Two Wheels Good" sind die edlen Modelle von Schindelhauer - einer kleinen Fahrradmanufaktur aus Magdeburg. Das sind in der Tat schöne Teile mit Riemenantrieb und stylischem Design.

Neben den Rädern liegen teure Sättel und Lenkerbänder von Brooks auf kleinen Holztischen. Dazu coole LED-Leuchten und der übrige Spielkram, der uns glücklich macht. Na ja, die meisten von uns zumindest. In einem Regal stehen englischsprachige Fahrradzeitschriften: Rolleur, The Rider sowie entsprechende Bücher. Außerdem führt TWG das Fahrradkulturmagazin "Fahrstil". Ich kenne keine weitere Verkaufsstelle für dieses 15 Euro teure Heft in Hamburg.

Mir ist die Atmosphäre bei TWG jedoch zu unterkühlt, zu distanziert, eben einen Tick zu cool. Da kommt ein Gefühl wie bei einer abgehobenen Cocktailparty auf - edle Räder, perfekt angestrahlt auf klinisch reinen Displayflächen. Normales Zubehör, Reifen, Schläuche oder etwa Kettenöl - igittigitigit - sucht man hier vergebens. Also gibt es auch keinen Reparaturservice direkt vor Ort, sondern nur den reinen Verkauf. Aber okay, auch dafür gibt es sicherlich ein Publikum.



Passend zur Nobel-Aura des Geschäfts präsentiert TWG auch ein paar Räder im 25-Hour-Hotel in der Hafencity. Insgesamt ist das Konzept also stimmig. Zielgruppe ist der stilbewusste Eppendorfer oder Blankeneser Besserverdiener, der sich ein schönes Rad zu seinem Porsche oder BMW X5 in die Garage stellen will und es dann hin und wieder an warmen Sommerabend mal bewegt. Klischees ich weiß, aber so ganz daneben liege ich mit dieser Einschätzung bestimmt nicht.

25 hours Hafencity

Fazit: Trendige Oberklasse-Radboutique mit unterkühlter Stimmung. Hardcore-Fahrradfans werden den Ölgeruch vermissen und mit der Nase rümpfen.

http://www.twowheelsgood.org/






Folge 5: Holy Bikes

Karolinenstraße 19, 20357 Hamburg

Wenn es ein Fahrradgeschäft in das internationale Lifestyle-Magazin "Monocle" schafft, dann muss der Laden schon etwas Besonders sein. Genau das ist mit Holy Bikes im Karolinenviertel passiert. In der Monocle-Ausgabe 3/2007 wird Hamburg nicht nur zur perfekten Radfahrerstadt ernannt (worüber man streiten könnte), sondern auch Holy Bikes erfährt eine Würdigung mit den Worten "This is a bike shop with a difference". Stimmt genau. Monocles Erwähnung ist Adelsschlag für den etwas anderen Radladen. Richtet sich das 12,50 Euro teure Edel-Magazin doch an Topverdiener und Jetsetter aus aller Welt, die sich ausssuchen können, wo auf diesem Globus sie leben wollen.

Typisch Karo-Viertel: Holy Bikes passt perfekt hier her

Dass das Redaktion-Team um den berühmten Tyler Brúlé ausgerechnet Holy Bikes gut findet, überrascht ziemlich, denn der Laden ist quasi das Gegenteil von WTG (siehe oben Folge 4). Diese unterkühlte Boutique würde eigentlich viel besser zu der Monocle-Leserschaft passen. Holy Bikes dagegen ist ein Szene-Laden mit Schanzenflair, in dem sich vor allem Fans von Cruisern, Choppern und Beach-Bikes wohl fühlen. Beides sind die Spezialitäten des Hauses.

Dazu gibt es jede Menge kultiges Zubehör wie Plastikblumen für Lenkerkörbe, Franzengriffe, Speichen-LED, Totenkopfventilkappen und so weiter und sofort. Ich habe mir da kürzlich eine Auspuff-Attrappe für eines meiner 70er Jahre-Klappräder gekauft. Da wird nun jeder Bonanzarad-Pilot neidisch.

Cruiser aller Art sind die Holy-Spezialität

Aber auch dem ganz normalen Alltagsradler wird unkompliziert geholfen. Direkt hinter der Kasse wird mitten im Raum montiert, geschraubt und repariert; alles ganz locker vom Hocker. Schon vor der Tür werden Besucher auf die Holy-Spezialitäten eingestimmt. Hier parken in der Regel jede Menge Beach Bikes und tiefe Cruiser-Modelle, drinnen hängen sie bis unter die hohe Decke. Monocle hat übrigens "Rosie", einen Beach Cruiser mit breitem Lenker und lieblichen Rosenmotiven auf dem Rahmen, zum Lieblingsfahrrad erkoren.

Zwar warte ich seit fast einem Jahr auf einen bestellten 12-Volt-Dynamo und passender Beleuchtung, aber übel nehmen kann ich den Jungs das irgendwie nicht. Ist der Container aus China über Bord gegangen oder was? Sagt mir bloß Bescheid, wenn das Zeug endlich da ist, okay? Sonst schreibe ich diesen Beitrag nochmal um. Ha Ha

Fazit: Einer von Hamburgs sehenswertesten Radläden mit Schwerpunkt Beach Cruiser. Nettes Personal, entspannte Atmosphäre.

http://www.holybikes.de/






Folge 6: Günther und Mark Fahrradreparaturen

Speckstraße, 20255 Hamburg



Gentrifizierung, Luxussanierung, Immoblienhaie - all das sind bewegende Themen in Hamburg. Seit ein paar Jahren stemmt sich die Künstlergemeinschaft Gängeviertel in der Hamburger Innenstadt erfolgreich gegen diesen gefährlichen und unsozialen Trend und hat eine spannende Genossenschaft mit zahlreichen Werkstätten und Projekten im Gängeviertel initiiert. Hier, wo einst der berühmten Komponist Johannes Brahms geboren wurde, stehen einige Gebäude inzwischen unter Denkmalschutz und eine Genossenschaft kümmert sich um die Anliegen der Bewohner, Künstler und Gewerbetreibenden.



Zur letzteren Sorte zählen auch Günther und Mark, die in drei Kellerräumen wohl Hamburgs kurioseste und einzigartigste Fahrradwerkstatt betreiben. Das Motto "Komm in die Gänge" kriegt mit diesem Unikum eine wunderbar doppelsinnige Bedeutung. Wer diese Werkstatt aufsucht, merkt es sofort: Da weht nicht nur ein Hauch von Kopenhagens Christiana-Kommune über den Hof, sondern das ist schon ein kräftiger Sturm an Unkonventionalität und Anti-Bürgertum. "Du, kannst Du mir mal das vordere Radlager einstellen?", sagt ein bärtiger Typ, der zufällig vorbei kommt. "Du, mein Schutzblech klappert." Du, warum geht mein Rücklicht nicht." Das hören die beiden, wann immer sie in ihrer Werkstatt sind.

Oder davor. Denn viele Kleinreparaturen finden sofort unter freiem Himmel statt. Bei Günther und Mark ist man automatisch beim Du. Ein Sie ist hier etwa so fehl am Platz wie ein Metzger bei der Weihnachtsfeier engagierter Veganer. Auf den Treppen zur Werkstatt stehen ein paar leere Bierflaschen. Eigentlich stehen da immer ein paar Buddeln rum. Das gehört hier einfach dazu. Die Reklame über dem Eingang ist selbst gemalt. Dann folgen ein paar Räume voll gestellt mit Fahrradkuriositäten unterschiedlichster Art. Dazu jede Menge Ersatzteile. Im Raum links schraubt Mark an einem uralten und massiven Montageständer an einem Vintage-Rennrad herum.



Mark ist bekennender Langschläfer. Bei Günther weiß man das nicht so genau. Auf jeden Fall führt das zu sehr unverbindlichen Öffnungszeiten. Wer morgens kommt, hat ganz schlechte Karten. Lieber nachmittags. Noch lieber abends. Am besten Montags und Dienstags. Dann hat man die besten Chancen, eine Reparatur erledigt zu bekommen oder das Rad für einen Service abzugeben. Aber Obacht: Wer hier eine blitzsaubere Hightech-Werkstatt erwartet, ist logischerweise falsch. Hier wird mit Herz und Seele geschraubt, repariert und gelebt. Und das für kleines Geld. Darum kommt die Kundschaft auch überwiegend aus studentischen und alternativen Kreisen. Toll, dass Hamburg einen so coolen Underground-Fahrradladen hat. So etwas muss man selbst in New York, Amsterdam oder Barcelona lange suchen.

Fazit: Unkonventionelle Charaktere und Protestromantiker werden sich an die Hafenstrassen-Krawalle und Antri-Atomkraft-Demos erinnert fühlen. Diese Werkstatt hat Untergrundcharakter und viel 68er-Charme. Der Antipol zu Two Wheels Good (siehe oben)


Skelett im Wartestuhl, Humor a la Gängeviertel


Lagerraum





Folge 7: Fahrräder J-Punkt-K




Rodigallee 167b


Ein kleiner Flachbau neben meiner Lieblingseisdiele in Jenfeld. Im Fenster ein paar Fahrräder. Ein typischer Stadtteil-Fahrradhändler, wie man sie in ganz Hamburg finden kann. Zumindest von außen. Denn wer den Laden betritt, lernt einen Fahrradmechaniker der alten Schule kennen. Eigentlich war Jurek Kirzenniewski früher Logführer in seiner Heimat Polen. Dann kam er vor vielen Jahren nach Deutschland und arbeitet im Fahrradgeschäft Lange, das ein paar hundert Meter weiter nach Osten an der Rodigallee liegt. Als das Geschäft schloss, öffnete Jurek seinen eigenen Radladen und bedient hier nun die typischen Alltags- und Freizeitradler in Jenfeld.

Das besondere an sein Geschäft ist, dass Jurek nicht nur neue Hollandräder und Spezialitäten wie das Gazelle-Sesserad anbietet, sondern auch einen guten Ersatzteilfundus an alten Fahrradteilen hat. So konnte mit Jurek spontan dabei helfen, eine Fichtel & Sachs Torpedo Duomatic Nabe aus den 70ern zu warten. Ich hatte Probleme, das gute Stück wieder in der richtigen Reihenfolge zusammen zu setzen.
Für Jurek ein Kinderspiel. Obwohl ein wenig aus der Übung, steckte der die Einzelteile mit viel Sachverstand wieder zusammen. Jetzt klickert das Teil wieder wie es soll. Ich mag solche handfesten Typen.

Und auch eine Zahnkranz-Abzieher für ein Oldtimer-Rennrad hat Jurek in seinem Fundus und hat ihn mir unkompliziert ausgeliehen. So viel Hilfsbereitschaft ist heute nicht mehr selbstverständlich und begeistert mich. Kurzum: Ich kann den Laden in Jenfeld für Reparaturen aller Art nur empfehlen. Hier geht es nicht nur sehr viel persönlicher, sondern oft auch professioneller und dabei günstiger zu als bei den großen Radmärkten auf der grünen Wiese. Sein Sohn Kamin betreibt übrigens ebenfalls einen Fahrradladen. Dieser ist aber am anderen Ende der Stadt: in Finkenwerder bei Airbus.


Folge 8: Fahrradservice Blicker 
Am Felde 51, 21217 Seevetal-Meckelfeld

Es war ein E-Bay-Angebot, dass mich zu Bernd Bicker nach Meckelfeld führte. Ich hatte eine 28 Loch-Nabe ersteigert und machte mich nach der Auktion auf dem Weg, um das Ding zu holen. Als ich dort eintraf, staunte ich nicht schlecht: Der Fahrradschrottplatz  ist ein echter Radladen mit sehr interessanten Angeoten.

Begrüßt werde ich von einem Bär von einem Mann. Bernd Bicker ist ein kräftiger Typ mit kräftigen Händedruck. Sofort vertieft sich unser Gespräch in Fahrradtechnik, historische Räder, Reparaturen und gemeinsame Bekannte. In der Fahrradschrauber-Szene kennt irgendwie jeder jeden. Hübsch und originell sind übrigens die von Bernds Frau Peggy gestrickten Sattelüberzüge und Rockschützer - tolle Geschenkidee. Genau so wie der von Bernd zusammengebauten Sessel aus Fahrradfelgen mit dem dazugehörigen Tisch.

Kurzum: Wer sich für ältere Fahrräder interessiert und Ersatzteile sucht, ist auf Bernds Fahrradschrottplatz genau richtig. Während unseres Gesprächs zaubert Bernd immer neue Schatzstücke wie einen Satz Holzfelgen hervor. Herrlich!

Im Herbst zieht Bernd mit seinem Lager übrigens nach Heimfeld um. Dann will er sich auf den Online-Verkauf konzentrieren. 

Folge 9: Velo 54
Vehringstrasse 54,
21107 Hamburg 

Meine Radhändlerserie ist etwas in Vergessenheit geraten; darum jetzt hier endlich mal eine Aktualisierung mit einem noch frischen Geschäft im Stadtteil Wilhelmsburg. Der Name ist schlicht und leicht zu merken: Velo 54. Die Ziffer bezeichnet praktischerweise die Hausnummer in der Vehringstraße im südlichen Bereich des Reiherstiegviertels. Erstaunlich, dass der riesige Stadtteil ziemlich lange mit nur zwei Fahrradgeschäften ausgekommen ist (Prondzinski und Elbinselrad). Velo 54 hat definitiv gefehlt und bereichert die Szene.

Velo 54 in der Vehringstrasse 54 in Hamburg-Wilhelmsburg

Schon die Webseite von Velo 54 zeigt, dass der Laden mit Leidenschaft betrieben wird. Die drei Macher Hannes, Andy und Fanne bezeichenen ihre Unternehmung selbst als Fahrradmanufaktur, was fast ein wenig zu edel fürs Mulitkulti-Arbeiterambiente der Elbinsel klingt.

Links und rechts vom Ladeneingang präsentiert Velo 54 eine bunte Auswahl an soliden und praktischen Alltagsrädern. Spezialität sind Cargobikes, die in üppiger Anzahl im Außenbereich ausgestellt sind. Ob Bullit, Urban Arrow oder Bakfiets - Velo 54 gehört in Hamburg zu den Radgeschäften mit dem umfangreichsten Transportrad-Angebot. Ein kluger Schritt, denn Wilhelmsburg in kinderreich und Lastenräder sichtbar im Trend.

Die drei Inhaber sind auf jeden Fall Fahrradnerds. Das spürt man. Und manchmal sieht man es auch. So kam mir Hannes Leitner einmal ungewöhnlich zügig bei der Elbinsel-Allyecat auf einem Singelspeed entgegengerauscht. Der Mann hat nicht nur Kettenöl im Blut, sondern auch mächtig Muskelpower in den Beinen.
Andy von Velo 54 beim Nachschneiden (m)eines Tretlagers am Singelspeed


Was mir besonders gefällt ist der stets freundliche und engagierte Service. Ob dringend benötigtes Ersatzteil oder schnelle Hilfe beim Austausch eines Zahnkranzes, kompetente Hilfe ist dem Velo 54-Kunden gewiss. Für kleine Hilfestellungen bedankt man sich dann freundlich mit einer Spende in die Kaffeekasse - so soll es sein. Man spürt es wohl: Ich mag den Laden und ich kann mir Wilhelmsburg eigentlich nicht mehr ohne ihn vorstellen.


13 Kommentare:

  1. Hallo. Fahrradschrottplatz ist jetzt zu www.fahrrad-kunterlei.de geworden

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  2. Heimfelder Dirk19. Juni 2015 um 13:00

    Moin,

    kleine Ergänzung:

    Fahrradwelt Hamburg

    Mexikoring 7, 22297 Hamburg

    gibt es schon lange nicht mehr.

    Gruß vom Heimfelder!

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  3. Moin!
    Danke für diese tolle Liste und die netten Einblickehttp! Aber ein weiterer Laden in Hamburgs Osten darf nicht fehlen:
    www.bike-store-bergedorf.de

    Gruß m.b.



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  4. Gibts von Günther und Mark Fahrradreparaturen ne exakte Adresse? Bzw. Telefonnummer / E-Mail? Find dazu iwie nix....

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  5. Gibts von Günther und Mark Fahrradreparaturen ne genauere Adresse? Bzw. ne Telefonnummer / Email? Kind dazu iwie nix....

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  6. Tja, der Laden von Günther und Mark ist in der Tat schwer zu finden. Vielleicht hilft das: Er ist Teil des Gängeviertels und liegt zwsichen Caffamacherreihe und Bäckerbreitergang - das mal zur groben Orientierung. Am besten von der Caffamacherreihe neben dem Springergebäude ins Gängeviertel laufen, dann gleich rechts nach der Souterrain-Werkstatt suchen.

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  7. Hallo liebe Radler und Schrauber !
    haben nun unseren Endstandort mit viel Platz und festen Öffnungszeiten gefunden.
    Wir freuen uns über jeden Besuch.
    Eure Familie Bicker von www.fahrradschrottplatz.de

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  8. Wenn Tyler Brûlés 'Monocle' einen Laden lobt, gleicht das für mich schon fast einer Antiwerbung. Auch zu 'Two Wheels Good' zieht mich erst einmal nichts, auch wenn ich Jörg entgegenhalten muss, dass der Name des Ladens immerhin ein sehr gute Platte (1985) von Prefab Sprout aufgreift, die in Europa allerdings als 'Steve McQueen' erschienen ist. Wir erinnern uns da an Steve McQ auf einem Klapp-Peugeot, und leider auch auf noch viel mehr Motorrädern.

    'Two wheels (are) good'. Mit einem Verb dazwischen wird der Name verständlicher. Der Ausdruck ist durchaus nicht unüblich und wird zuweilen von 'But four wheels are better' ergänzt, sehr zu meinem Verdruss.
    Prima Übersicht, da weiß man gleich, wo man eher nicht hin sollte. Danke! St. Pedali entwickelt sich langsam zu meinem Lieblingsblog. Keep it coming!

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  9. Hallo,
    ich finde du hast eine echt tolle Seite! Ich schaue öfters vorbei und bewundere dein Aufbau und die Gestaltung deines Blogs.

    Viele Grüße,
    Alex von Fahrrad - Fahrradteile

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  10. Hallo, Urbike und Holy Bikes gibt es mittlerweile auch nicht mehr.

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  11. Wie wärs denn mal mit Gräber Räder,
    ein ganz kleiner Laden in Barmbek, spezialisiert auf Trecking- und Reiseräder.
    Top-Service viel Sachverstand.

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  12. Ja, stimmt. Der Laden ist gut. Ich wohnte bis vor ein paar Jahren ganz in der Nähe und war öfter dort. Den Händlertest müsste ich wirklich mal wieder beleben. Hab ja hier ewig nichts gemacht.

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