Dienstag, 8. Juli 2014

Ramsch oder Brauchbar? Was taugen Fahrrad-Billigteile aus Ein-Euro-Shops. Test und Erfahrungen


Ja, ich gebe es zu: Ich mag Ein-Euro-Shops und kaufe dort manchmal ein. Vor allem Drogerieartikel, aber auch Werkzeug und Fahrradersatzteile. Flickzeug kostet dort nur einen Euro, Schlösser auch (!). Und Klingeln, Lampen, Schraubendreher, Reifenheber, Reflektoren, Öl und Fahrradreiniger. Alles nur einen Euro. Schrott oder brauchbar? Schnäppchen oder rausgeworfenes Geld? Darum habe ich ausprobiert, was das Zeug taugt.
Wer aufmerksam durch den Euroshop oder TEDI läuft, entdeckt viele überflüssige, aber auch interessante Sachen. Das ist ein Grund, warum ich die Läden schätze. Die verantwortlichen Marketing- und Einkaufexperten halte ich für verblüffend kreativ. In den Läden gibt es Artikel, die man bis dato nicht vermisst hat, beim Anblick aber sehr praktisch aussehen. Allerlei Klettverschlüsse zum Beispiel, Reinigungsmittel und technische Helferlein allerlei Art, Scherz- und Partyspielzeug, LED-Spielereien, Deko-Zeug, Haushaltswaren, Bürobedarf und Werkzeug. Ich bin immer wieder erstaunt, was die sich alles ausdenken.

Auch Fahrradzubehör gehört zum permanenten Repertoire der Euro-Ramschläden. Klar, bei einem Preis von nur einem Euro darf man nichts erwarten. Das kann eigentlich nur minderwertiger China-Schrott sein. Oder sind die Artikel besser als erwartet? Qualitätsfans, zu denen ich mich zähle, dürften sich normalerweise wegdrehen, bei einer Fahrrad-Glocke für einen Euro. Darum habe ich die angebotenen Fahrradartikel unter die Lupe genommen und einem Kurztest unterzogen. Was also taugen die Ramschteile aus den Euro-Shops?

Das Billigschloss: Gibt es bei TEDI wie im Euro-Shop, meistens mit Schlüssel, manchmal auch als Zahlenschloss. Qualität und Sicherheitsniveau sind extrem niedrig. Mit einem großen Seitenschneider ist das Ding ruck zuck geknackt. Das gilt aber auch für die Billigschlösser aus dem Baumarkt oder Fahrfachhandel. Die kosten dort aber 3,99 Euro oder mehr. So gesehen sind die Ein-Euro-Schlösser dann so schlecht doch nicht. Wer sein Rad kurz vor Eisdiele gegen spontane Aufsteiger und Gelegenheitsdiebe schützen will, kann die Billig-Produkte gut nutzen. Selbst wenn man wie ich den Schlüssel verliert. Einfach ein weiteres kaufen. Die Schlüssel passen meist auch auf die anderen Exemplare aus dem Euro-Shop.

Die Discount-Klingel: Klingel und Glocken gibt es in den Euro-Shops in verschiedenen Farben, Ausführungen und Techniken. Ich habe eine ganz konventionelle Version mit verchromten Klingeldeckel und Zahnstangen-Mechanimus gekauft. Unter dem Deckel ist überwiegend Kunststoff verbaut. So eine Klingel ist eine technische Meisterleistung. Wer das komplexe Innenleben betrachtet, wundert sich das so etwas nur einen Euro kostet. Ich finde das ist selbst für chinesische Billigware verwunderlich, schließlich fallen ja auch Transportkosten an. Befestigungsschelle und Schrauben machen keinen sonderlich soliden Eindruck. Kein Vergleich zu den soliden Christophorus-Klingeln oder andere Markenprodukte, die um die zehn Euro kosten. Übrigens sind Klingeln ein Sammelgebiet für Experten. Bei E-Bay werden für seltene Vorkriegsglocken mit Motivdeckel schon mal 200 Euro gezahlt. Die Ein-Euro-Klingel lässt sich leicht bedienen und erzeugt einen hellen und lauten Signalton. Darum ist sie durchaus brauchbar. Nur die Langzeitqualität dürfte schlecht sein. Wer sein Rad oft draußen im Regen stehen lässt oder an der Küste wohnt, dürfte bald eine verrostete und damit schlecht bis nicht mehr klingelnde Klingel haben.

Die LED-Batterieleuchte: Frontlicht mit drei hellen, weißen Leuchtdioden - so etwa kostet bis vor ein paar Jahr noch ein kleines Vermögen, heute ebenfalls nur noch einen Euro. Für den gelegentlichen Einsatz ist das Kunststoffteil durchaus brauchbar. Weniger um die Fahrbahn auszuleuchten, eher um selbst gesehen zu werden. Es gibt zwei Modi: Dauerlicht und Blinkfunktion. Nur eine lange Nutzungsdauer sollte man nicht erwarten. Klar, man kann die Batterien wechseln. Aber wer dabei nicht vorsichtig ist, beschädigt das Billigteil. Auch die Halterung ist natürlich von jener Sorte, bei der man das Gewinde schnell ruiniert, die Schrauben überdreht oder das Plastik zerbricht. Also vorsichtig montieren und dem Stück nicht zu viel Stress zumuten.



Die Speichenklacker: Ein netter Gag für Kinderräder - bunte Speichenclips verschönern das Rad und machen beim Fahren lustige Klackergeräusche. Angesichts der Einfachheit dieser Kunststoff-Teile, die in die Speichen gedrückt werden, gibt es keine Konstruktionsherausforderungen. Ich kann die Clips uneingeschränkt empfehlen. Man bekommt sie auch bei Fachhändlern und Fahrrad-Großmärkten. Dort sind sie aber deutlich teurer und keinesfalls besser.

Was für die Speichenklacker gilt, trifft auch auf die bunten Reflektoren (im Bild rechts) zu. Sie machen das Rad auffälliger, besser sichtbar und damit sicherer. Ein Euro ist dafür also gut angelegtes Geld - auch wenn das Rad damit eigentlich nicht der StVZO entspricht.

Ausprobiert habe ich auch den Fahrradreiniger und den Fahrradhaken. Er ist für die Aufhängung von Rädern in der Garage oder Abstellraum gedacht. Der Metallhaken ist solide und mit Kunststoff ummantelt. Krtik habe ich nur am mitgelieferten 8er Dübel. Sein Material ist hart und spröde. Beim Einschlagen in die Wand ist er mir sofort zerbrochen. Aber ein paar gute Fischer-Dübel sind schnell besorgt, wenn sie nicht sowieso im Werkzeugschrank liegen.

Der Fahrradreiniger ist okay, um Schmutz am Rad anzulösen. Seifenwasser tut es aber ähnlich gut. Außerdem ist die Flasche nicht sonderlich ergiebig. Selbst ein Euro ist darum zu teuer für die grüne Spritzflasche.

Ein Wort noch zum Flickzeug. Auch das habe ich schon mehrfach verwendet. Es hat deutlich schlechtere Qualität als Flicken und Gummilösung von Tiptop oder Samson. Rennradschläuche würde ich damit nicht flicken. Aber für dicke Schläuche mit bis vier bar Luftdruck ist das Billig-Vulkanisieren brauchbar. Problem bei den Flicken ist, dass sich die Trägerfolie nur sehr widerspenstig oder gar nicht vom aufvulkanisierten Flicken trennen mag. Besser drauf lassen, sonst löst sich der Flicken von der reparierten Stelle wieder.

Auch Fahrradknochen, Inbussätze und Multi-Ringschlüssel gibt es für einen Euro in den Ramschläden. Erfahrungen damit habe ich nicht. Zum Lösen und festziehen von Muttern und Schrauben werden sie funktionieren, so lange diese nicht festgerostet oder bereits beschädigt sind. Doch großen Spaß damit zu arbeiten dürfte es nicht machen.

Vom Multiöl/Rostlöser aus dem Euro-Shops möchte ich abwarten. Die Sprühflasche ist viel zu schnell leer und verflüchtigt sich meistens ohne Wirkung. Darum wird es teuer, hier zu sparen. WD40, Ballistol oder Caramba sind teuer, aber viel, viel bessere Produkte.

Auch die Kunststoff-Reifenheber, die als Dreierpack für einen Euro angeboten werden, taugen nicht viel. Schon mehrfach sind mir die Dinger bei einer stramm sitzenden Reifendecke zerbrochen. Besser Qualitätsheber, am besten aus Metall, anschaffen.

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