Montag, 18. April 2016

Fahrbericht: Kalkhoff Integrale 10 Pedelec

Foto: Jonas Kurz

MTB, Rennrad, Fatbike, Faltfahrrad - fast kein Segment mehr ohne E-Bikes. Die Elektrifizierung des Fahrrades schreitet mächtig voran und erobert erfolgreich die Nischen. Da ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis selbst ein BMX-Rad als E-Version auf den Markt kommt. Doch es sind nicht die 
Nischenprodukte, die den Markt für Elektro-Bikes treiben. Die Masse der Pedelec fällt in die Kategorie der City- und Trekkingräder. Hier gibt es eine riesige Modellvielfalt. Das Angebot ist kaum überschaubar. Preislich liegen die meisten Räder hier zwischen 2500 und 4000 Euro. Als besonders innovativ gelten Modelle mit elegant im oder am Rahmen verbauten Akku - so wie das Kalkhoff Integrale 10, das ich ein paar Tage probefahren konnte. Wie praktisch, gut und cool ist so ein Pedelec der aktuellen Generation?
Solide und elegant: Kalkhoff Integrale 10                                Foto: Jonas Kurz
Design:
Das Kalkhoff Integrale ist eine stattliche Erscheinung. Das liegt an den wuchtigen Rohrdurchmessern des Alurahmens. Glanzstück ist das Unterrohr, das elegant den 17 Ah-Akku aufnimmt. Das sieht nicht nur aufgeräumt aus, sondern der große Stromspender liefert auch viel Reichweite - im Eco-Modus werden über 150 Kilometer versprochen. Darum prahlt ein kleiner Aufkleber auch vollmundig: "All day ride construction". Bei aller Eleganz, ein sportliches Rad ist dieses Kalkhoff nicht. Eher ein Tourenmodell mit sehr aufrechter Sitzhaltung. Optisch strahlt das Bike viel Solidität ab.

Dafür sorgt unter anderem die stabile Federgabel sowie der höhenverstellbare Vorbau. Er ist extrem massiv dimensioniert. Anders der Gepäckträger. Klein, ja zierlich wirkt er eher wie ein Alibi-Anbauteil. Wie der Akku ist auch der Impulse-Mittelmotor gut in den Rahmen eingefügt. Dass das Sattelrohr eine aerodynamische V-Form aufweist mag zwar formschön aussehen, verhindert aber erfolgreich die Montage eines handelsüblichen Kindersitzes. Viel Liebe steckt in Details wie eine Gummiabdeckung für die Inbusschraube der Sattelhöhenverstellung.
Der Akku ist geschickt ins Unterrohr integriert

Komponenten:
Ob Bremsen, Schaltung oder Lenker - alles ist mindestens gehobene Mittelklasse. Die Deore-Teile von Shimano repräsentieren den aktuellen Stand der Technik. Dazu garantieren DT Swiss-Felgen und breite Schwalbe-Reifen sorgenlosen Betrieb auch im harten Alltagsradler-Einsatz. Die Scheibenbremsen packen kraftvoll zu und sind gut zu dosieren.

Pfeildarstellung auf Display
Das Kalkhoff möchte nicht nur schön sein, sondern auch intelligent. Stichwort vernetztes Bike. Momentan bedeutet das vor allem die Koppelung des Displays mit dem Smart-Phone. Mittels kostenloser Impulse-App lässt sich das Handy mit dem Display verbinden, Dieses wird dadurch zum Navigationscomputer. Der hat allerdings noch seine Tücken.
Impulse-App mit Navi


Für meinen Geschmack reagiert er zu langsam, zeigt per Pfleildarstellung die Richtung nur ungenau an. Gut funktioniert er nur bei konkreten Straßennamen, sonst heißt es oft einfach nur lapidar Weg und der dazugehörige Richtungspfeil hilft nicht wirklich weiter. Die Neubrechnung der Route, nach dem man sich verfahren hat, wirkt sehr zäh. Das frustriert und sollte schneller gehen.

Fahrspaß:
Im Eco-Modus hilft der 250-Watt-Motor stets mit der richtigen Portion E-Unterstützung mit, so dass man nie ein schlechtes Gewissen haben muss, andere für sich arbeiten zu lassen. Kaum hörbar summt das kleine E-Aggregat unter dem Fahrer und stellt bei 25 km/h seine Hilfsdienste ein. Spätestens dann merkt der Fahrer, dass er ein schweres Rad unterm Hintern hat. Bergab ist das kein Problem; in der Ebene jedoch sind dauerhaft hohe Geschwindigkeiten nur mit viel Einsatz möglich.

Ladezustandsanzeige am Akku
Tour, Sport und Ultra steigern die Hilfe aus dem E-Werk erheblich, verringern logischerweise aber auch die Reichweite. Also Achtung: Ohne E-Unterstützung möchte man dieses Rad nicht lange bewegen. Besonders bergauf wird Elektro-Lust schnell zum Elektro-Frust. Immer schön aufs Display achten und nicht zu viel Saft aus dem Akku saugen.

Das Kurvenverhalten ist ohne Tadel, auch wenn angesichts der Geometrie keine starken Schräglagen möglich sind. Das Sicherheitsgefühl ist hoch. Das Rad tut, was der Fahrer will. Ausnahme ist der Ultra-Modus: Hier schiebt der Motor spürbar nach und sorgt bei ungleichmässigem Tritt für ein leicht unharmonisches Fahrgefühl. Wie erwähnt: Ein Sportbike kann und will das Kalkhoff zu keiner Zeit sein. Etwas enttäuschend ist der Abrollkomfort auf schlechten Straßen. Unebenheuten, Schlaglöcher und Steine dringen trotz Federgabel fast ungedämpft in Lenker und Sattel. Stellt man die Luftgabel auf weich, ändert sich das Anfederverhalten auch nur minimal. Kalkhoff sollte sich überlegen, ob man nicht eine Vriante ohne Federgabel zum günstigerem Preis anbieten sollte. Dieses leichtere Modell wäre meine erste Wahl.
Die Geometrie sorgt für eine aufrechte Fahrhaltung               Foto: Jonas Kurz

Antrieb:
Das Impulse-System gehört zu den besten E-Antrieben auf dem Markt. Die E-Unterstützung wird feinfühlig dosiert. Auch die Kettenschaltung arbeitet präzise und mit zügigen Gangwechseln, so dass der Fahrer kaum Änderungen in der Trittfrequenz ertragen muss. Beim Schalten unterbricht die Elektronik den E-Vortrieb stets für den Bruchtreil einer Sekunde und schützt so Kette und Ritzel vor erhöhtem Verschleiss. Wer keine Kette mag, kann das Rad auch mit einem Riemen ausrüsten; die rechte Hinterbaustrebe lässt sich für diesen Zweck öffnen. Gut mitgedacht Kalkhoff! Der gewünschte Unterstützungsmodus lässt sich bequem per Daumendruck am linken Lenker steuern.
Perfekt integrierte Rückleuchte

Kosten:
Rund 3400 Euro kostet das Integrale 10 regulär. Damit gehört es preislich zu den E-Bikes der gehobenen Mitteklasse. Der technische Gegenwert ist gut, ebenso Verarbeitung und Qualitätseindruck. So gesehen geht der Verkaufspreis in Ordnung.

Fazit:
Das Kalkhoff ist ein zuverlässiges Alltags-Pedelec                  Foto: Jonas Kurz
Wer ein solides Alltags-Pedelec sucht und sich optisch von den meisten Konkurrenzmodellen abheben will, findet im Kalkhoff Integrale ein reizvolles Angebot. Akkus werden zunehmend  Bestandteil des Rahmens werden. Die Traditionsmarke Kalkhoff gehört hier zu den Pionieren und gibt dem Markt einen wichtigen Impuls.


Für die meisten Fotos auf dieser Seite gebührt großer Dank Jonas Kurz. Der engagierte Hobbyfotograf war so nett, für mich die Bilder im Wilhelmsbuger Inselpark aufzunehmen. Ich finde, die Motive können sich sehen lassen. Danke Jonas. Auch beim E-MTB-Fahrbericht hat Jonas für mich auf den Auslöser gedrückt und mit Ehrgeiz immer wieder nach dem besten Ergebnis gesucht. Und das eher per Zufall: Eigentlich wollte Jonas im Park Natur und Architektur fotografieren. Aber dann kreutzten sich unsere Wege. Ergebnis oben.








2 Kommentare:

  1. Das Rad ist sehr schwer und die Eco Stufe kann fast nicht benutzt werden.
    Ich fahre deshalb meistens in der Sport Stufe, die allerdings mehr Strom verbraucht.
    Die Lenkervorbauverstellung war ein Kraftakt und mit normalem Werkzeug nicht
    zu bewältigen! Es hat lange gedauert, bis eine Stellung ohne Lenkerspiel gefunden wurde!
    Das Hinterrad ist leider nicht mittig im Rahmen eingesetzt und dadurch ist das Schutzblech nicht richtig über dem Reifen! Setzt man die Felge richtig, läuft die Kette schief! FÜr den Preis von 3.599.- € darf man mehr Qualität erwarten!
    Ich habe Rad gerade erhalten, es ist ein für 2017 gebautes Fahrrad.

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  2. Hallo Jörg,

    dein Bericht und deine Zusammenfassung lesen sich sehr gut. Du bringst deine subjektive Meinung des Bikes sehr gut mit in den Text. Meine Frage: Wie lange hast du getestet? In Foren liest man mitunter gemischte Meinungen - das Rad mit seinen Komponenten und der Abstimmungwird gelobt - der Antrieb, naja, der ist wohl weniger gut bzw. nicht so haltbar. Die Optik gefällt aber!

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