Die Fahrradbranche boomt. Schon vor der Pandemie gab es einen Trend zum Treten. Corona wirkt da wie ein Turbo und beschert den Händlern Verkaufsrekorde. Und leider auch Lieferschwierigkeiten. Doch woher stammen eigentlich die Fahrräder, die in Deutschland verkauft werden? China? Taiwan? Japan? USA? Alles falsch. Das Statistische Bundesamt weiß es genau und legt interessante Zahlen vor.
Globalisierung, Herkunft, lokale Produktion - es gab Zeiten, da prangte quasi an jedem Fahrrad ein Aufkleber mit der Aufschrift "Made in Western Germany". Zumindest wenn das Rad in einem deutschen Geschäft verkauft wurde. Das war in den 60er und 70er Jahren. Lange her.
Und heute? Laut Statistischen Bundesamt wurden 2020 in Deutschland 1,3 Millionen Fahrräder produziert. Ihr Gesamtwert liegt bei knapp 700 Millionen Euro. Made in Germany ist für Fahrräder also noch immer ein wichtiger Produktionsfaktor. Zumindest wenn es um Fahrräder ohne Motor geht. Denn alle Zahlen beziehen sich auf muskelbetriebene Räder. Ein überraschendes Ergebnis, denn ein gängiges Vorurteil geht davon aus, dass die Masse der Fahrräder für den deutschen Markt aus Fernost stammen.
Tatsächlich war das Hauptimportland im vergangenen Jahr das Königreich Kambodscha mit 593000 Fahrrädern im Wert von 144 Millionen Euro. Der asiatische Staat war damit nicht nur stückzahlmäßig wichtigster Fahrrad-Lieferant, sondern auch gemessen am Warenwert.
Auf Platz zwei der wichtigsten Importnationen für Fahrräder liegt Polen. Aus dem östlichen Nachbarland Deutschlands wurden 261000 Fahrräder eingeführt.
Auf Rang drei folgt Bangladesch mit 214000 Fahrrädern.
Alles in allem kommen die drei Hauptimportländer also auf eine Stückzahl von 1068000 Fahrräder und erreichen damit immer noch nicht das lokale Produktionsvolumen von 1,3 Millionen Stück.
Bleibt die Frage, was eigentlich ein in Deutschland produziertes Fahrrad ist. Kein Zweifel: Wenn ein Rahmenbauer ein Rad mit maximaler Fertigungstiefe vom zusammenlöten der Rahmenrohre bis hin zum Anschrauben der Glocke an den Lenker in seiner Manufaktur fertigt, ist das Produkt 100prozentig deutsch. Diese Form des Fahrradbaus gibt es natürlich nur in homopathischen Dosen. Bei der Masse der in Deutschland gefertigten Räder dürften Rahmen und Anbauteile wie Lager, Bremsen und Schaltungen aus Fernost stammen, die dann in heimischen Werken zusammen gebaut werden.
Die Vokabel "Produktion" wird von den Statistikern also sehr weitläufig ausgelegt. Betrachtet man ein klassisches Fahrrad von den Rahmenrohren bis hin zu den Kugeln im Steuersatz, dürfte es wenige Teile daran geben, die in Deutschland hergestellt wurden. Produktion meint in diesem Fall also (nur) das Zusammenfügen der Fahrrad-Einzelteile zum einem kompletten Bike.
Welche deutschen Fahrradkomponenten gibt es noch? Spontan fällt mir Wippermann ein, die in Hagen Connex-Ketten fertigen. Und natürlich die Firma Rohloff, die seit 1986 die beste Getriebenabe der Welt in Kassel produziert. Oder Son aus Tübingen, wo der ebenfalls weltbeste Nabendynamo entsteht. Oder Tune aus dem Schwarzwald, bekannt für seine Leichtgewichts-Naben... Es sind also eher die High-End-Teile zu hohen Preisen, für die noch Made in Germany gilt.
Und nun das Paradox: Trotz Fahrradboom ging die Fahrradproduktion in Deutschland um satte 14 Prozent zurück. Die Fahrradimporte sanken ebenfalls: minus acht Prozent. Mehr Menschen kaufen Fahrräder, Inlands-Herstellung und Import gehen aber zurück. Wie passt das zusammen? Die Antwort ist einfach: Die Anbieter haben 2020 offenbar erheblich Lagerbestände abgebaut und so die gestiegenen Nachfrage befriedigt. Es wird spannend wie die Bilanz 2021 aussehen wird...
Ich habe ein Rad aus der DDR
AntwortenLöschenmit den weisen Wörtern unseres Staatschefs
VORWÄRTS IMMER RÜCKWÄRTS NIMMER