Mittwoch, 15. Mai 2024

Straßenfußball: Mit der DB+-App fahrradfahrend Tore schießen

Anlässlich der Fußball-EM in Deutschland hat sich die Deutsche Bahn einen tollen Gag ausgedacht: virtuelle Tore mit dem Rad schießen und Preise gewinnen. Der Spaß erinnert an eine Schnipseljagd, Schatzsuche, Alleycat und animiert zu Umwegen und fördert die Radnutzung. 

Schon seit es sie gibt, nutze ich die App DB+. Vor jeder Radfahrt drücke ich auf Start und dann zählt sie meine zurückgelegten Kilometer. Wie viele das sind, wird in einer Statistik erfasst - nach Monaten und Jahren. Im April waren es bei mir 425, ausschließlich im Hamburger Stadtgebiet. Außerdem bekommt man für die gesammelten Kilometer Rabatt etwa beim Biobäcker, Weltladen oder Freibier beim Craftbeer-Ausschank von Bunthaus und Wildwuchs. Es ist wahrscheinlich vor allem das Bier, das mich zum Kilometersammeln motiviert... 5792,5 Kilometer Guthaben zeigt mir die App momentan an. Macht immer 36 Liter feinstes Fassbier beim Wildwuchs-Brauwerk. 

Ballfieber in Hamburg

Nun hat sich der App-Betreiber zur Fußball-EM eine besondere Aktion ausgedacht: die "Torfieber-Challenge". Vom 13. Mai bis 9. Juni tauchen in der App-Landkarte jede Menge Fußbälle auf. Wer ihren Standort anfährt, schießt virtuell ein Tor und bekommt den Erfolg auf dem Handybildschirm angezeigt. Kindisch? Nee, spielerisch im besten Wortsinne. Denn es treibt nicht nur mich noch öfter in den Fahrradsattel. Nach nur einem Tag hatten besonders eifrige Torschützen schon 50 Bälle ins virtuelle Netz befördert - das sind jede Menge Extrakilometer.

Denn selten liegen die Bälle direkt auf den beliebten und großen Fahrradrouten. Vielmehr platzieren sie die App-Entwickler gerne an exotischer Orten, Sackgassen etwa oder auf den Wegen eines Kleingartenvereins. Und nicht immer wissen sie offenbar ganz genau, was sie da tun. Mag ein Wendehammer in einem Gewerbegebiet ja noch ein angemessener Ball-Ablageplatz sein, wird es bei Privatgelände oder Betriebshöfen von Logistik-Firmen schon etwas fraglicher. Mindestens drei meiner bislang 32 abgefeuerten Torschüsse erfolgten an skurrilen Orten wie einem privaten Firmengelände oder per Schranke gesichertem Gewerbepark.

Das führt hier und da natürlich zu mehr oder weniger lustigen Begegnungen mit dem Wachpersonal. So wie gestern kurz nach Einbruch der Dunkelheit. Die App zeigt mir einen Ball direkt neben der B75 auf dem Betriebshof einer Spedition an. "Privatgelände. Betreten für Unbefugte verboten", verkündet ein gelbes Schild an der Hofeinheit. Egal, ich bin ja befugt. Ich bin ja der Christiano Ronaldo von DB+ und mein Torhunger ist riesig. Also rauf da und Ball volley nehmen. Plötzlich ein pfeifen und brüllen: "Suchen sie was?" Ich überlege: Wenn ich dem Aufpasser (oder ist es der Schiedsrichter?) was von virtuellen Bällen erzähle, ruft er erst recht die Polizei. Oder gleich die Jungs mit der Zwangsjacke.

Lagerhausgelände: Auffahrt verboten, aber Tor gemacht

"Was suchen sie denn?", schreit der Typ noch lauter. Ich denke: einen Ball, Blödmann. Was sonst? Ich sage: "Äh, ja, äh, mein Handy-Navi hat mich hergeleitet" - was ja sogar stimmt - "und äh, Entschuldigung ich suche die Rothenhäuser Twiete." Die Notlüge funktioniert und die Gesichtszüge des Sheriffs entspannen sich sichtbar; er sieht mein leuchtendes Handydisplay und erklärt freundlich: "Da nach links, dann an der Ampel rechts und gut einen Kilometer geradeaus..."  Puh, gut gegangen. Bude gemacht! Aber Torjäger leben im Strafraum gefährlich, das war jetzt deutlich zu spüren.

Mal sehen, wo die nächste Pille liegt. Da! Das ist eine Raffinerie. Ob man da rein kommt? Egal, Torjäger müssen den richtigen Riecher haben, tricksen, täuschen, dribbeln und dann unweigerlich zum Kasten ziehen.

So geht das jetzt noch vier Wochen lang. Übrigens: Wer pro Woche mindestens fünf Tore schießt, nimmt jeden Sonntag an einer Verlosung für EM-Tickets teil. Und da gibt es dann richtige Tore, so ganz oldschool-analog. Von Fußballern statt Radfahrern. Auch nicht schlecht oder?

2 Kommentare:

  1. Hey St. Pedali... Entwickler of the App speaking: Erstmal danke für deinen lustigen und netten Artikel. Uns freut es natürlich erst einmal riesig, dass es die auch so viel Spaß macht, wie uns beim Entwickeln des App Features ... Was bei ca 500 neuen Bällen jeden Tag pro Stadt
    mal passieren kann, ist, dass der ein oder andere an einem nicht ganz so cleveren Ort liegt, obwohl wir ne Menge Arbeit, Gehirnschmalz, OpenStreetMap Filtern und Distributionsalgorithmen reingesteckt haben. Wir optimieren noch für morgen. Und erhöhen auch einfach mal den Einzugsradius.

    Ansonsten ist das Ziel für uns schon auch ein bisschen erreicht, je mehr Leute sich aufs Fahrrad schwingen. Von daher schon mal .. top.

    Stay safe .. bitte weiterhin anhalten beim Auf-die-App-schauen und nicht mit Wachmännern anlegen ...
    LG

    P.S. Gratulation zum 2.Platz in Hamburg (Keine Angst ist kein Tracking, aber dein Nickname steht da)

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  2. Danke Herr Entwickler fürs Feedback. Der Raffinerie-Ballstandort und noch ein paar andere Locations waren gestern nicht zugänglich. Egal, bleiben die Bälle dort halt liegen. Tolle App, tolle Features. Weiter so! Und noch eine Idee: Wie wäre es mit dem einen oder anderen "echten" EM-Ball an geeigneten Verstecken? Ich würde sofort los radeln...

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