Bikomat im Einkaufszentrum Hamburg Langenhorn Genial! So meine erste Reaktion auf einen Artikel, den ich in der BILD Dresden entdeckte. Dort wird über den Bikeomat berichtet - ein Automat, an dem Fahrradfahrer Ersatzteile kriegen. Rund um die Uhr, also auch tief in der Nacht oder Sonntags. Super! Das brauchen wir auch in Hamburg. Nach einem Blick auf die Homepage wuchs meine Begeisterung: Gibt es ja schon! Allerdings an einem eher unvorteilhaftem Standort. Ich machte mich sofort auf den Weg dorthin. |
Bikomat-Standort in Hamburg |
Das Konzept kennen wir: Seit Jahren verkaufen Schwalbe und Conti ihre Schläuche über Schlauchomaten. Ich finde das super, denn ein platter Reifen passiert mir eigentlich immer außerhalb der üblich Laden-Öffnungszeiten. Dann ist es gut, einen der Automaten ansteuern zu können und nach Münzeinwurf einen neuen Schlauch zu ziehen. Vorausgesetzt, die blauen und gelben Blechkisten funktionieren. So passierte es mir mal, dass der Schlauchomat bei Fahrrad Marcks in Bergedorf meine Münzen nicht wollte - kein Geld, kein Schlauch. Ich stand auf selbigem.
Schwalbes Schlauchomaten sind umgebaute Zigarettenautomaten
Wie ich durch einen Artikel in der Fahrstil gelernt habe, sind diese Geräte umgebaute Zigarettenautomaten. Nach jugendschutzbedingter Umstellung auf Personalausweis-Kontrolle beim Zigaretten ziehen, wurden schlagartig viele Zigarettenautomaten arbeitslos. Ein findiger Unternehmer rüstet sie nun zu Schlauchomaten um. Oder zu Automaten, aus denen man an Friedhöfen Grablichter bekommt - Kerzen anstelle von Kippen, Gummi statt Glimmstengel, gesünder ist das allemal.Der Bikeomat geht noch einen deutlichen Schritt weiter. Er ähnelt den wuchtigen Maschinen, die zum Beispiel Media Markt auf Flughäfen betreibt und damit Ladegeräte, iPods und Kopfhörer verkauft.
Im Bikeomat liegen nicht nur Schläuche, Ventile und Flicken, sondern auch Schlösser, Bremsschuhe, Schaltungszüge, Beleuchtung, Ketten, Dynamos und Werkzeug. Wer überhaupt keine Materialien und Ersatzteile bei einer Radtour dabei hat, kann sich an einem Bikeomaten komplett ausrüsten - ein toller Service.
Das Sortiment der Bikomaten |
Und das Beste daran: Die Teile sind nicht überteuert. Die Betreiber machen aus der Not kein Geschäft. Ein Schwalbe-Schlauch kostet 6,50 Euro und liegt damit auf Händler-Niveau. Er ist im Bikeomat billiger als in Schwalbes Schlauchomaten, wo er stolze 7,50 Euro kostet.
Eingang-Kette aus dem Bikomaten für 5,50 Euro |
Alles bestens also? Fast, nur warum, bitte schön, steht der Hamburger Bikeomat ausgerechnet beim EKZ Langenhorn? Das ist alles andere als ein idealer Standort. Dort liegt er viel zu Abseits und versteckt sich im Innenhof des Einkaufszentrums.
Das Univiertel wäre besser. Oder ein Platz in Alsternähe oder am Hauptbahnhof. Klar, der Aufstellplatz darf nicht anfällig sein für Vandalismus. Zentral gelegen an einer der Fahrradhauptrouten wäre er auf jeden Fall besser aufgehoben als versteckt im Norden der Stadt.
Wie wäre es zum Beispiel mit dem Fahrradparkhaus an der Uni? Oder an denen vom HVV aufgestellten Fahrrad-Abstellboxen? Oder am Bahnhof Dammtor? Oder am Switch Point Berliner Tor? Mir fallen da genügend Standorte ein.
Schmieröl kostet 1,90 Euro im Bikomat |
Bei meinem Bikeomat-Besuch unterhielt ich mich noch mit einem Wachmann. Er berichtete von Diebstahlversuchen mit Kindern. Während Eltern die Sicht auf den Bikeomaten verstellten, sollten Kinder mit ihren kleinen Fingern und dünnen Armen die Waren herausangeln. Der Versuch scheiterte. Die Anlage ist massiv, wirkt wie ein Tresor. Keine Chance für Ganoven. Zumal die Automaten auch über einen Fernalarm verfügen sollen.
Luftstation und E-Lade-Steckdose am Bikomaten |
Da ich mit einem teurem Rad unterwegs war, ich noch was trinken wollte und kein Schloss dabei hatte, kam mir der Bikeomat gerade recht. Der Geldschlitz zog meinen Zehner gierig ein, dann warf er leise summend ein Zahlenschloss in den Schacht und spuckte zwei Euro Rückgeld aus. Nicht schlecht. Mein Drink war gesichert.
Die Bedeutung von Verkaufs-Automaten steigt
Übrigens: Glaubt man Trendforschern und Studien, gehört Automaten die Zukunft. Der US-Amerikaner Christopher Slayers hat sogar schon ein Buch mit Namen "Verding Machine: Coined Consumerism" dazu geschrieben. Darin prognostiziert er bis 2019 einen Jahresumsatz von 7,7 Milliarden Dollar durch Verkaufsmaschinen allein in den USA. Dort gibt es neben Automaten mit spezieller Diät-Nahrung, Gesundheitssäften, Cupcakes und Fast-Food wie Burritos und Pizza inzwischen sogar besonders luxuriöse Varianten von Lebensmittel-Automaten. Im Hollywood und Highland Center in LA steht eine so genannte "Caviar Boutique". Ab fünf Dollar gibt es eine Mini-Döschen der edlen Fischeier. Wer auf dem Touscreen die 200-Gramm-Option vom Imperial River Beluga anwählt muss 1000 Dollar (!) in den Geldschlitz stecken. In bar. Kreditkarten akzeptiert die Maschine nicht. Zum Glück gibt es direkt nebenan einen Geldautomaten.
Die Beliebtheit für Automaten steigt nicht nur durch ihre permanenten Öffnungszeiten, sondern durch die Fehlbarkeit des Menschen. So sieht es zumindest Kelly Stern, Firmenbetreiberin der Caviar Boutique, die zuvor mit mehreren Mitarbeitern Restaurants belieferte. Ihr war das Personal aber zu unzuverlässig. "Wer Angestellte hat, der hat kein Leben mehr", sagt Stern. Darum hat sie "Menschen in ihrem Unternehmen minimiert".
Oh je, spätestens an dieser Stelle werden mir Automaten dann doch unsympathisch. Lang lebe der Fahrradhöker an der Ecke. Auch wenn er mal Fehler macht, ist er mir lieber als eine anonyme Maschine.
Wer kalte Automaten Mitarbeitern aus Fleisch und Blut vorzieht, tut mir leid. Was wird das für eine Welt, in der ich mir einen Schlauch aus dem Automaten ziehe und mir ein Videoclip auf dem Monitor erklärt, wie ich einen Platten behebe? Bikeomat ja, aber bitte keine komplette Automatisierung des Handels.
Hab den Bikeomat im Fernsehen, bei "Abenteuer Leben", gesehen. Wirklich eine nützliche Sache. Hier der Link dazu:
AntwortenLöschenhttp://www.kabeleins.de/tv/abenteuer-leben/videos/1539-die-skurrilsten-automaten-2-clip
Endlich mal was Sinn macht!
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