Sonntag, 29. März 2015

Pankt Saulopoly 2015: Mit Vollgas durch St.Pauli

Nachts um halb eins! Nicht auf der Reeperbahn, sondern vor den Astra Stuben. Wer bei Pankt Saulopoly
mitfährt sollte ein Nachtschwärmer sein und Großstadtverkehr mögen

Samstag, 28. März, der kräftige Südwest-Wind weht Nieselregen gegen meine Scheiben. Das Thermometer zeigt sieben Grad und die Frau im Radio sagt was von "Graupelschauer". Ich blicke in den bleigrauen Himmel und denke: "Ein perfekter Tag für die Couch!" Dann meldet sich mein Handy mit dem SMS-Signal. "Fährst Du mit uns die Pankt Saulopoly?", fragt Sin. Hmmm, was nun? Couch oder ein wilder Abend auf dem Rad? Bücher lesen, TV gucken, Rotwein  nippen oder garantiert nass werden. Ich entscheide mich fürs nass werden.

Um 20.30 Uhr setzte ich mich auf den Brooks-Sattel meines Single Speeds und kurble zügig Richtung Innenstadt. Und weil ich auf den Weg zu einer Allyecat bin, lege ich die Verkehrsvorschriften locker aus, fahre durch den Bustunnel von der Veddel und über die Elbbrücken auf der Busspur. Ein entgegenkommender Busfahrer verzieht keine Miene. Warum sollen sich Busse und Räder nicht die ÖPNV/Taxi-Pisten teilen. Eine entsprechende Lösung wird von Fahrrad-Lobbyisten aus Wilhelmsburg von den Behörden eingefordert. Auch ich finde das sinnvoll, denn die Spuren rechts und links auf den Elbbrücken sind zu gefährlich für Radfahrer. Auf einem Samstagabend jedenfalls funktioniert das tadellos und viel zügiger als über die engen Radspuren.

Kurz vor neun erreiche ich das Knust auf dem Schlachthof. Fast 200 Radfahrer tummeln sich auf dem Vorplatz. Überall blinken und flackern weiße und rote LED-Lichter in die Dunkelheit. Das Gros der Teilnehmer  tritt mit Fixie, Single Speedern und Rennrädern an; einige aber auch auf Vintage-Klapprädern. Pankt Saulopoly ist eine Mischung aus Radrennen und Schnitzeljagd. Angetreten ist die urbane Fahrrad-Subkultur der Radkuriere und das Umfeld, das sich ihm zugehörig fühlt. Klar, wer ist kritisch sieht, wird hier den einen oder anderen Kampfradler ausmachen können. Aber der Großteil sind Frauen und Männer, die mit ihrem Rad nicht nur sich, sondern auch einen eigenen Lebensstil transportieren.

Zu viert mache ich mich mit Jakob, Sin und seiner Freundin auf den Weg und wir fahren das Manifest ab. Erster Checkpoint ist das St.Pauli-Stadion. Vom Dom weht verführerisch Bratwurstduft herüber. Doch wir haben ja eine Mission. Die heißt stempeln, würfeln, Aufgaben lösen, navigieren und natürlich strampeln, strampeln, strampeln...  in den Knast. Wer die Zahl würfelt, die die Nummer des Checkpoints trägt, an dem er gerade steht, muss ins Gefängnis fahren. Das liegt unten am Fischmarkt. Auf geht's! Die Allyecat lehnt sich an die Regeln von Monopoly an. Wenig Regeln dagegen folgen wir bei unserer wilden Fahrt durch die Straßen. Gefahren wird auf der Straße, weil's sicherer ist. Und natürlich weil's schneller geht.

Im Knast gibt es Korn oder einen alkoholfreien Sauerkrautdrink. Und so geht es über zwei Stunden: Suiccycle Wohlwillstraße, Pauli-Stadion, Fischmarkt, Elbtunnel, Skate-Bahn Holstenstraße, Astra Stuben, Bismarckdenkmal - es geht kreuz und quer, auf und ab durch Altona. Wer sich auskennt, hat große Vorteile. Sieger wird, wer die meisten Stempel und Bonuspunkte (Takken) einsammelt. Auch wenn man das System nicht versteht, macht das großen Spaß. Zumindest dann, wenn man gern zügig mit dem Rad durch Großstadtstraßen donnern mag.

Dann hat Jakob einen Platten. Es ist kurz vor 23 Uhr. Wir beenden unser Rennen und fahren zur Siegerehrung in die "Kralle" wo ist knallvoll ist. Dicke Rauchschwaden wehen durch den stickigen Raum. Serviert wird veganes Chilli auf tiefen Plastiktellern.

Ja, man kann den Abend auf der Couch verbringen. Man kann aber auch was erleben, nass werden und Pankt Saulopoly fahren. Als ich Zuhause ankomme, zeigt meine Armabnaduhr zwei Drinnen ist der Radiowecker bereits eine Stunde weiter. Ab sofort gilt die Sommerzeit. Bei Pankt Saulopoly gehen die Uhren halt anders.
Unser Streckenplan mit den 13 Stationen. Wer am meisten Stempel einsammelt, gewinnt. Wir nicht.
Wir waren meist im Knast und haben dort Korn getrunken

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