2012 fand in der St. Johannis Kirche in Hamburg-Neuengamme der bundesweit erste Radsport-Gottesdienst, kurz "Rago", statt. Zehn Jahre später hat sich die von Hajo Burkardt initierte Veranstaltung fest etabliert und ist immer einen Besuch wert.St. Johannis in Neuengamme ist seit 10 Jahren Rago-Kirche
Schlicht, aber schon Markenzeichen: Rago in Neuengamme
Ganz so voll wie beim legendären "Mogo", dem Motorrad-Gottesdienst im Michl, sollte es dann die folgenden neun Jahre zwar nicht werden. Doch St. Johannis war immer stets gut gefüllt - mit vielen Radsportlern, aber auch normalen Gemeindemitgliedern. Denn Hajo ist nicht nur selbst leidenschaftlicher Radsportler, sondern hat ein besonderes Talent, Hobby und christliche Botschaften durch seine Ansprachen zu vereinen.
Dieses Mal war es die akribische Beschreibung von Werkzeugen wie Schlitz- und Kreuzschraubendreher, von Reifenhebern aus Stahl mit fester Kunststoff-Ummantelung, von Maulschlüsseln für 13er- und 15er-Muttern, von Torx und von Inbus... All das sei nämlich Teil der neuen Radstation, die Fahrradfahrer direkt an der Kirche finden. Wer so redet, und das auch noch mit viel rhetorischem Feinschliff, Gefühl für wirkungsvolle Sprechpausen und der richtigen Portion Humor, der findet Gehör. Wenn Hajo dann plötzlich das Fahrradwerkzeug in eine Metapher für die christliche Bedeutung des Pfingstfestes einbindet, dann packt er damit sogar den letzten lustlosen Zuhörer, der sich vielleicht nur zum gemeinsamen Radfahren in die Kirche gequält hat. Kein Zweifel: Hajo hat es auch dieses Mal wieder geschafft, der versammelten (Radfahrer)-Gemeinde das Wort Gottes in dieser sehr besonderen Art und Weise mit auf ihren Weg zu geben.
Die vergangenen zwei Auflagen konnte der Rago wegen der Pandemie nur unter strengen Auflagen genehmigt werden. "Aber immerhin hat er durchgehend statt gefunden", freut sich Hajo. Dieses Mal waren sogar wieder Freunde aus Holland mit dem Rad zum Rago angereist; einer von ihnen trug das Finisher-Trikot vom Ironman, der am Tag zuvor statt fand. Die traditionelle-50-Kilometer-Rago-Runde war ihm offenbar eine willkommene Gelegenheit, um auszurollen und die Beine zu lockern. Der Zufall wollte es, dass ich die 12-Prozent-Steigung nach Fahrendorf in seinem Windschatten erreichte. Und was macht der Kerl? Klar, er geht in den Wiegetritt, zieht mächtig an und liefert sich mit seinem niederländischem Begleiter einen waschechten Bergsprint. In wenigen Sekunden sind die beiden ausser Sichtweite. Krass!
Neben dem Gottesdienst selbst sind es genau diese Begegnungen mit Gleichgesinnten, die den Rago ausmachen. Schon bei der Anfahrt treffe ich einen weiteren Besucher, der den Weg zur Kirche suchte. Kurzentschlossen bilden wir eine Schicksalsgemeinschaft, werden kurz vorm Ziel aber von einem Polizeiauto gestoppt: "Bus liegt im Graben, Kran braucht die ganze Straße. Durchfahrt verboten." Wir müssen also zurück, einen längeren Umweg fahren und kommen zehn Minuten zu spät in die Kirche. Egal, wir sind noch pünktlich zu Hajos-Werkzeug-Predigt. Start vor der Kirche: Wie immer mit Flatterband
Während ich ihm zuhöre, erinnere ich mich an einen früheren Rago. Damals hatte Hajo unserer Reifenpannenpech mit einem Tandem thematisiert. Nicht weniger als drei oder vier Löcher mussten wir damals unterwegs flicken und jedes Mal standen uns Mitfahrer mit ihrer Hilfe zur Seite. Aus einem der Häuser entlang der Strecke wurde sogar ein Wassereimer zum Loch finden nach draußen gebracht. Hajo nahm das zum Anlass, ein paar Worte über Gemeinschaft und Nächstenliebe zu predigen. Und dabei ist Hajo gar kein Pastor, sondern Prädikant. Das ist eine Art Laienprediger.
Im Ziel der drei Touren (15, 30 oder 50 km) gab es wie immer Gegrilltes, Kaffee und Kuchen. Auf den letzten Kilometern hatte ich noch ein nettes Gespräch mit Johannes. Kann es bei einer Radsport-Gottesdienst-Ausfahrt einen besseren Begleiter als Johannes geben? Er trägt übrigens das Trikot des inzwischen aufgelösten Hamfelder-Hof-Teams.Im Namen des Herrn unterwegs: Hajo Burkhardt
Es folgt die Fahrt nach Hause. Frisch weht mir der Südwestwind ins Gesicht. Ein schöner Tag. Und er wird noch besser. Denn auf der Veddel treffe ich noch Christian, der auf einem Dahon Classic III unterwegs ist. Der Gepäckträger des Klapprades ist beladen, Christian offenbar länger unterwegs. "Ich fahre von Norderstedt nach Lüneburg", erzählt er. Sein Gepäck ist Schokolade, die ursprünglich per Lastenrad aus Holland überführt wurde. Sachen gibt's, die gibt's nur, wenn man zum Rago fährt.
Das hat es bisher noch nie gegeben:
AntwortenLöschenBeim Abschildern der Rago Rundtouren am Tag danach waren 12 (!) Schilder weg! Ohne irgendwelche Reste verschwunden! Und das an 4 wichtigen Abzweigungen!
Wer macht denn so etwas?
Das hat es bislang nach einem Rago noch nicht gegeben:
AntwortenLöschenBeim Abschildern der Rundtouren am Tag darauf fehlten 12 (!) Schilder. An wichtigen Abzweigungen!
Wer macht denn so etwas?